Wiener Clubfestival Waves widmet sich Kolumbien: "Sauer" wegen der Klischees
„Ah du bist aus Kolumbien? Dort gibt es Drogen und Kartelle!“
Das hörte Latin-Pop-Musiker David Arcos, der beim heurigen Waves-Vienna das Fokusland Kolumbien vertritt, immer wieder, als er 2009 mit seiner Familie Wien kam. Deshalb ist er froh, mit seinem Auftritt bei dem Festival für junge Talente dieses Image zurechtrücken zu können: „Ich war extrem sauer auf die Leute, die immer wieder dieses Klischee an mich herantrugen“, erzählt er im Interview mit dem KURIER. „Ich habe immer gesagt, so könnt ihr das nicht sehen, Kolumbien hat so viel mehr zu bieten. Deshalb ist es sehr wichtig, mit Initiativen wie der beim Waves zu zeigen, was sich in Kolumbien zum Beispiel kulturell abspielt.“
Arcos Sound ist Latin-Pop, der stark von der Tradition seiner Heimat beeinflusst ist. Denn: „In Kolumbien ist es viel wichtiger als hier, die örtliche Folklore mit Pop zu mischen. Ich habe auch selbst viel argentinische Gitarrenmusik gehört.“
Nicht nur gehört, sondern auch gespielt. Arcos nahm Unterricht in klassischer Gitarre und spielte in Bogota in „einer sehr schlechten Band“ in Clubs.
Nach Wien kam er, weil die Firma seiner Eltern in Konkurs gehen musste, die Familie einen Neuanfang suchte und Arcos“ Großvater Österreicher war. „Auszuwandern war hauptsächlich eine wirtschaftliche Entscheidung“, sagt Arcos. „Es ging nicht darum, dass das Leben in Bogota so gefährlich war. Ich habe mich dort nie bedroht gefühlt. Sicher musste man mehr aufpassen, wo man hingeht, als hier. Aber das war damals, und seither hat sich viel geändert und verbessert.“
„Auftrag“ des Vaters
In Wien studierte er Jazz und Pop. Mit der Coronapandemie kam eine Umorientierung. „Bis dahin habe ich mich nur als Gitarrist gesehen“, erzählt Arcos. „Aber dann starb mein Vater an Corona. Er hatte immer gesagt, du solltest singen, du hast so eine schöne Stimme. Das war nach seinem Tod immer in meinem Kopf, sozusagen ein Auftrag. Gleichzeitig habe ich während der Pandemie eine Onlineausbildung für Produktion und Mixing gemacht und mit dem Gelernten experimentiert. So sind meine ersten Songs entstanden, die ich selbst gesungen hab.“
Voriges Jahr ist Arcos’ erstes Album „Sigamos Corriendo“ erschienen – mit vielen Liebesliedern, aber auch Mutmacher-Hymnen wie „Crucemos En Rojo“, in dem Arcos postuliert, dass man weitergehen soll, auch wenn es rot ist. „Das ist natürlich eine Metapher“, sagt er. „Aber nach dem Tod meines Vaters und der generell schwierigen Corona-Zeit mag ich es, auch Songs zu schreiben, in dem ich – mir und anderen sage, das Leben geht weiter, also steh’ auf und mach weiter.“
Wie die Solo-Songs von Arcos, der auch Gitarrist der Band Strandhase ist, live klingen, kann man am Freitag (6. 9.) um 20.45 Uhr im FaniaLive im U-Bahnbogen der Gürtellinie bei der U6 Station Thaliastraße hören. Weil das frühere Festivalzentrum WUK umgebaut wird, sind heuer alle Konzert-Lokale am Gürtel angesiedelt, während das Festival-Ticketing und der Umtausch der Tickets in die Festivalbändchen in das Café Concerto übersiedelt ist.
Das komplette Programm des Waves-Festivals gibt es unter www.wavesvienna.at
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