Am 6. Dezember verdingt sich Direktor Matti Bunzl als Nikolo: Für die braven Kinder der Stadt hat er ein nigelnagelneues Wien Museum im Sack. Auf dieses haben sie schon lange warten müssen: Vor bereits zehn Jahren fiel die Entscheidung, das ramponierte Wien Museum am Rande des Karlsplatzes zu „sanieren“ und zu erweitern. Den 2015 ausgelobten Wettbewerb konnte das Team Certov, Winkler + Ruck für sich entscheiden, 2010 folgte der Spatenstich – und nun übergab der Generalunternehmer das Gebäude.
Da in den kommenden Monaten – während der Einrichtungsphase und der Installation der 1.700 Objekte für die Dauerausstellung – kein Eintritt gewährt werden kann, nutzte man das schmale Zeitfenster: Am Mittwoch gab es eine Presse-Begehung mit den Architekten Ferdinand Certov und Roland Winkler.
Von der Anmutung her erinnert nicht mehr viel an das einstige „Historische Museum der Stadt Wien“, das 1954 bis 1957 errichtet wurde. Und die Architekten mussten eingestehen: „Es ist eine komplett neue Fassade.“ Außen blieb nichts original, alles wurde dem ursprünglichen Erscheinungsbild nachempfunden. „Rekonstruktion“ trifft es daher wohl besser als „Sanierung“.
Die ausgestreckte Hand
Die Architekten verwendeten für die Fassade Dolit (aus Kroatien), da dieser die größte Ähnlichkeit mit dem von Oswald Haerdtl verwendeten Untersberger Kalkstein aufweise, und für die Fensterfüllungen grauen Jura-Kalkstein aus Bayern. Natürlich sind auch die Fenster neu: Das Glas verdunkelt sich automatisch.
Dem Gebäude wurde ein Pavillon (bzw. Windfang) vorgelagert: Die Architekten interpretieren ihn als ausgestreckte Hand bzw. einladende Geste. Der Glaskubus schafft daher – zusammen mit dem schräg zur Karlskirche verlaufenden Winterthur-Gebäude – eine nach drei Seiten abgeschlossene Vorplatz-Situation. Direkt darunter befinden sich Depots und ein Studienraum.
Der gefangene Wal
Das Atrium wurde zu einer riesigen Sichtbeton-Skulptur. Dominant ist die seitliche Stiege – und das auskragende Treppenhaus.
In dieser Halle werden die großen Objekte zu bestaunen sein, der Südbahnhof-Schriftzug, die Prunkkutsche des Bürgermeisters, der Prater-Wal „Poldi“ (der bereits an riesigen Angelschnüren hängt) und ein Modell des Steffls. Darüber, quasi auf dem Dach des Haerdtl-Baus, befindet sich nun ein Veranstaltungssaal, ein Kiosk mit Erfrischungen – und eine „Terrasse“ mit Blick auf die Karlskirche. Diese soll unabhängig vom Ausstellungsbetrieb zugänglich sein.
Und „bekrönt“ wird all dies von der „fetten Matratze“, die aber, gefertigt aus Weißbeton, längst ihren Schrecken verloren hat. Dieses „Schwebegeschoß“, das tatsächlich nicht aufliegt, sondern eine eigene, imposante Tragekonstruktion besitzt (beide Bauteile können also unabhängig voneinander schwingen), wird für die Wechselausstellungen genutzt. Daher gibt es kein Tageslicht. Aber nicht ganz: Ein schmales Band in Fußnähe lässt doch Sonnenstrahlen einfallen – damit man nicht das Gefühl hat, im Keller zu sein. In Funktion treten wird dieses Geschoß erst im Februar 2024 – mit einer Schau über den steirischen Architekten Fischer von Erlach.
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