Wien ist nur ein Vorort von Bratislava

Wien ist nur ein Vorort von Bratislava
Wann endet die Gemütlichkeit? Männer, die Veltliner trinken, planen die Rückkehr zur Monarchie.

Das ist ein bissl so wie bei einem äußerst großzügigen Gemüsehändler: Man kauft ein Kilo Irgendwas, und er stopft noch Geschenke ins Sackerl, dies und jenes. Was zwar einerseits freut, andererseits kann man’s dann fast nicht mehr tragen.

Viel mehr Einwände gegen „Wann endet die Gemütlichkeit?“ gibt’s nicht.

Der Wiener Maler, Landwirt und – seit seinem ernsthaften, jedoch völlig durchgeknallten Roman „Einfach jeder“ – Schriftsteller Christian Locker hat einen Stil entwickelt, da fühlt man sich beim Lesen wie unter Drogen.

Unter „Veltliner“ sozusagen. Es wird viel gesoffen in den beiden Büchern.

War Locker bei seinem Erstling, der sich gegen die Todesstrafe richtete, in der Nähe von Leo Perutz, so lässt sich nun eine Verwandtschaft mit Herzmanovsky-Orlando nicht leugnen.

Heiliger Zahn

Eine depperte Runde plant, einen angeblichen Habsburger an die Macht zu hieven. Da gehört ein Uniprofessor dazu, ein ehemaliger Politiker, und ein Spezialist für Reliquien bewegt sich im Umfeld. Der Gute hat z. B. den linken Backenzahn des Heiligen Vitus im Sortiment.

Wien ist nur ein Vorort von Bratislava
Die Baronin Öfner-Ofensteyn wird ihn gewiss gern kaufen. Ihr seliger Mann hat nämlich zehnten Todestag, und sie benötigt dringend etwas zur Beruhigung.

Der Reliquientyp hat übrigens eine vielbeachtete Broschüre herausgebracht: Wie man Erziehungsdefizite bei Jugendlichen durch die Anbetung der Windeln Jesu verhindern kann ...

Vor der Reinthronisierung muss zunächst die österreichische Regierung ausschaltet werden.

Die Polizei ist wachsam. Hat jemand seinen Chemiebaukasten aus Kindheitstagen aufgehoben, ist er schon terrorverdächtig.

Trotzdem wird es im Parlament brennen.

Und Wien wird Vorort von Bratislava.

Ein prall gefülltes Buch fürwahr. Mit sehr viel Geplauder, dem man gern zuhört, aber mitunter müde wird. Wie das halt so ist, wenn man zu tief ins Glas geschaut hat.

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