Wiedereröffnung der Burg: Bittere Wahrheiten ganz kommod genießen
Zur Wiedereröffnung des Burgtheaters nach 307 Tagen – man verlängerte die auferlegte Corona-Schließzeit um mehrmonatige Renovierungsarbeiten – lud Direktor Martin Kušej am Sonntag zu einer Matinee mit dem Ensemble (etliche der Stars fehlten).
Höhepunkt war die Rede der in Teheran geborenen, in Köln aufgewachsenen und seit 2012 in Graz wohnenden Autorin Nava Ebrahimi. Sie berichtete amüsant über die Qual, die ihr das Verfassen bereitete. Denn die Wahl sei wohl auf sie gefallen, weil sie Frau und Migrantin sei. Und nun solle sie dem Patriarchat, „der Dominanzgesellschaft“ den Spiegel vorhalten. Auf ihr würden nun „mehr als zwei Jahrhunderte Burgtheater, Jahrhunderte weißer Männer“ lasten: „Ich soll meine Rolle spielen, mich aber zugleich originell freischreiben, soll mich wegschreiben von den weißen Männern und damit auch irgendwie mithelfen, das Burgtheater hinzuschreiben auf einen neuen Weg.“ Das saß.
Zwischendurch kritisierte Nava Ebrahimi sehr präzise Sebastian Kurz und Karl Nehammer, die „jede Scham verloren“ hätten: „Sie erklären die Menschenrechtskonvention für hinfällig und damit das Recht auf Asyl zu einer Gnade.“ Auch Martin Kusej sprach die barbarische Situation in Afghanistan an: Er forderte, Schutzbedürftigen „nach Kräften Zuflucht und Hilfe und Perspektive zu bieten, und zwar nicht nirgendwo, sondern bei uns, in Wien, in Österreich“.
Man konnte die bittere Wahrheit sehr kommod genießen. Denn die neue Bestuhlung ist sehr gut gepolstert. Die Sitzplatzanzahl hat sich dadurch um knapp drei Prozent reduziert, was sich positiv auf die Auslastung auswirken wird. Blöd nur, dass die Beschilderung (rote Zahlen auf Messing) kaum zu entziffern ist.
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