Wie Semmelbröckerln in der braunen Suppe

Bernd Fischerauer
Filmregisseur Bernd Fischerauer überrascht mit einem Buch. "Burli" ist gutes Kino.

Der Bub, 1942 in Graz geboren, bekam den Namen Adolf, und man kann sich vorstellen, warum seine Eltern das so wollten.

Nach dem Krieg nannten sie ihn nicht mehr Adolf.

Sondern lieber Burli.

Ist etwas seltsam, wenn der eigene Vater zum Sohn "Burli" sagt. Aber gut, der Vater war ohnehin nicht oft zu Hause. Er war die meiste Zeit ... unterwegs. Offiziell als Vertreter für Kekse.

Versteckt hat er sich, der Herr Obersturmbannführer.

Und tauchte er kurz in Graz auf, dann war er zuallererst bei der Frau Nachbarin. Von dieser "Tante Gretel" ließ sich ab und zu noch jemand anderer verwöhnen.

Der Burli. 13 ist er mittlerweile schon geworden ...

Braune Bilder

Das ist der erste Roman des Grazer Theater- und Filmregisseurs Bernd Fischerauer. 1968 hatte er Wolfgang Bauers "Magic Afternoon" inszeniert, dann im Volkstheater Turrinis "Rozznjogd", "Sauschlachten" – und sein Siebenteiler "Der Salzbaron" machte Fernsehen 1993 angenehmer.

"Burli" sorgt für braune Bilder, in denen das Datum: Sommer 1955 steht. Sie erinnern bzw. informieren darüber: a.) wie viele steirische SS-Leute federführend an Verbrechen am Balkan, in den Niederlanden, in der Sowjetunion beteiligt waren;

b.) wie der Grazer Bischof Hudal Naziverbrechern mit falschen Ausweisen zur Flucht nach Südamerika und in den Nahen Osten verholfen hat;

c.) wie ehemalige Nationalsozialisten 1955 die FPÖ gründeten;

d.) wie die braune Suppe am Kochen blieb ... sodass sich zumindest im Roman die Österreicher, die von Hitler genug haben, wie die Semmelbröckerln vorkommen, die in dieser Suppe schwimmen müssen und unterzugehen drohen.

Gut, dass der Bub erzählt. Er will Dichter werden und übt, indem er alles aufschreibt und langsam bemerkt, was mit seinen Eltern nicht stimmt.

Sehr gut schreibt er, gerade noch glaubhaft. Burli ist frühreif – was nicht nur die Besuche bei der Nazi-Frau Gretel belegen. Mit seiner Hilfe ist alles etwas leichter zu ertragen, sogar die Schwarz-Weiß-Malerei im Buch.

Burlis Welt mit der lieben Omama (ah! er sagt Omama! sagt heute noch jemand Omama?) und den vielen Onkeln und Tanten wird langsam ergänzt durch ... die SS-Division Totenkopf.

Was stört ist, dass so oft gegessen wird. Was seltsam ist, dass sich alles Weibliche dem Burli hingibt.

Man hat nicht das Gefühl, das Buch sei als Vorstufe für eine Verfilmung gedacht. Aber man sitzt im Kino und verlangt Chips.

Bernd Fischerauer:
Burli
Picus Verlag.
300 Seiten. 24 Euro.

KURIER-Wertung: ****

Kommentare