Wie Lou Lorenz-Dittlbacher die "Sommergespräche" im ORF anlegt

Wie Lou Lorenz-Dittlbacher die "Sommergespräche" im ORF anlegt
Die Journalistin hat zwei Jahrzehnte Erfahrung im ORF. Heuer begrüßt sie die Parteichefs zur traditionellen Interviewreihe

„ZiB2“-Anchorwoman Lou-Lorenz-Dittlbacher führt ab morgen durch die ORF-„Sommergespräche“. Sie will tiefer schürfen, erzählt sie im KURIER-Gespräch.

KURIER: Wie werden Sie die Sommergespräche anlegen? Lou Lorenz-Dittlbacher: Ich möchte gerne wissen, wer diese Politikerinnen und Politiker sind, wie ihr ideologisches Fundament entstanden ist. Mich interessiert nicht, was sie essen und wohin sie auf Urlaub fahren. Es bleibt immer ein politisches Gespräch. Aber zur eigenen Politisierung gehört ja mehr, als nur Politik zu machen.

Die Politik bietet immer mehr Inszenierung. Wie durchstoßen Sie diese unsichtbare Barriere in Ihren Gesprächen?

Die Interviewpartner sind ja nicht mir verpflichtet, sondern den Menschen, die uns zuschauen. Und da muss man sich auch überlegen, welche Fragen man nicht beantworten will und warum. Wenn es um die großen Rezepte gegen die Krise geht, würde ich mich sehr wundern, wenn man diese Fragen einfach dreist umschifft.

Corona wird wohl auch die Sommergespräche prägen. Welche inhaltlichen Schwerpunkte nehmen Sie sich noch vor?

Ich glaube, dass die Corona-Krise der letzten eineinhalb Jahre viele Baustellen offenbart hat. Es geht natürlich um Bildung, um den Gesundheitsbereich, den Arbeitsmarkt… Und selbstverständlich sind die Baustellen innerhalb der politischen Parteien ein Thema.

Ist Ihnen eine Zeit erinnerlich, in der es derart viele außergewöhnliche politische Ereignisse gab wie in den vergangenen Jahren?

Die Menschheit hat vor 50, 60 Jahren nicht alles so unmittelbar erfahren, aber z.B. die Ermordung eines US-Präsidenten mit allem, was das für danach bedeutete, war natürlich schon auch ein politisches Ereignis, das die ganze Welt bewegt hat. Was sich in Österreich in den letzten Jahren politisch tut, hat sich in der Zweiten Republik so noch nie abgespielt. Es ist eine exzeptionelle Zeit, die diesen Beruf umso spannender macht.

Spürt man als Anchorwoman die immer lauter agierenden Medienskeptiker, die „Lügenpresse“ schreien?

Wir leben ja nicht im luftleeren Raum. Da ist schon etwas, das man merkt. Aber man sieht am großen Publikumsinteresse, dass es eine große Sehnsucht nach Antworten gibt. Und diese Antworten werden wohl bei uns gesucht. Sonst würde man ja nicht einschalten.

Was antwortet man Leuten, die felsenfest davon überzeugt sind, dass Ihnen das Bundeskanzleramt diktiert, was zu berichten ist?

Ich frage niemanden, ob ich was fragen darf. Mir hat auch noch nie jemand etwas verboten. Und zwar exakt noch nie. Wäre das anders, hätten wir sicher ein Problem. Versuchen kann man als politische Partei alles. Die Frage ist nur: Wie gehe ich als Journalistin damit um?

Wie geht Ihnen damit, dass man den ORF zunehmend als Parteienstadl wahrnimmt?

Natürlich ist es anstrengend, in einem Unternehmen zu arbeiten, das immer so stark im Fokus steht. Und nicht die Arbeit ist so fordernd, sondern dieser Umgang mit dem Unternehmen. Ja, es mag sein, dass da oder dort mal Fehler passieren. Und ich kann auch nicht für jeden Menschen in diesem riesigen Unternehmen die Hand ins Feuer legen. Ich kann aber sagen, dass wir in unserem Bereich wirklich unser Bestes geben.

Gibt es einen Unterschied, wie Politikerinnen im TV wahrgenommen werden?

Bei Männern wird nur der politische Aspekt betrachtet, wenn es um Schwächen geht. Bei Frauen ist es dann gleich die gesamte Persönlichkeit, die damit gemeint ist. Frauen sagt man auch schneller nach, sie seien zu laut. Wenn man dafür sehr leise ist und sehr freundlich, dann heißt es wieder: Die lächelt nur oder lässt sich alles gefallen.

Wie ist das als Interviewerin?

Bei Männern sagt man nicht: „Warum lächelt der nicht?“ Männern ins Wort zu fallen, ist vor allem bei jungen Frauen nicht gern gesehen. Die Zuschauer mögen es gar nicht, wenn Frauen einen Interviewpartner unterbrechen, noch weniger als bei Männern.

Sie sind seit 22 Jahre im ORF tätig. Hat sich die Rolle von Frauen im Journalismus im Haus in dieser Zeit weiterentwickelt?

Als ich angefangen habe, gab es im politischen Journalismus Anneliese Rohrer. Als ich in den ORF gekommen bin, gab es Gisela Hopfmüller, Ingrid Thurnher und dann Birgit Fenderl, die politische Interviews gemacht haben. Da hat sich doch einiges geändert.

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