Werden Parthenon-Skulpturen Verhandlungsmasse in Brexit-Deal?
Man kennt sie als die "Elgin Marbles": Der britische Gesandte Lord Elgin transportierte im frühen 19. Jahrhundert die besten Stücke des Parthenon-Frieses auf der Akropolis in Athen - das damals unter osmanischer Herrschaft stand - in seine Heimat ab; sie wurden zu Kernstücken der Sammlung des British Museum in London. Doch bereits zur Zeit des Abtransportes war die Aktion - unter dem Deckmantel der Forschung und des kulturellen Bewahrens - hochgradig kontroversiell. Bis heute ist der Disput nicht beigelegt, er ist sozusagen die Mutter aller Restitutionsdebatten. Und er bekommt durch den Brexit neuen Auftrieb.
Denn in einer neuen, an Medien durchgesickerten EU-Richtlinie zur Verhandlung von Handelsabkommen, die am 25.2. verabschiedet werden soll, findet sich ein Passus, in dem die Länder verpflichtet werden sollen, "die Rückgabe oder Restitution unrechtmäßig verbrachter kulturellen Objekte an ihren Ursprungsort" anzugehen (Übersetzung des Redakteurs, Anm.). Wie die Financial Times berichtet, soll dieser Passus auf Betreiben von Italien, Griechenland und Zypern eingefügt worden sein.
Museum mit Leerstellen
Griechenland hat seine Kampagne zur Rückgabe der "Elgin Marbles" seit einiger Zeit intensiviert. Einen Anlass dazu gab das 2009 eröffnete Akropolis-Museum, in dem die verbliebenen Teile des Skulpturenschmucks ausgestellt sind. Das Museum ist so angelegt, dass der gesamte Fries gezeigt werden könnte, die Stücke aus dem British Museum sind als Kopien präsent und könnten jederzeit gegen die Originale getauscht werden. Das gesamte Gebäude macht so die Leerstellen in Griechenlands Kulturerbe offensichtlich - und entkräftet das Argument, dass der EU-Staat keine geeigneten Bedingungen für das historische Erbe bereitstellen könnte.
Die Frage, ob es sich bei den "Elgin Marbles" um "unrechtmäßig verbrachte Objekte" handelt, ist dennoch heftig umstritten: Während dies aus griechischer Perspektive eindeutig der Fall ist, beruft sich Großbritannien darauf, dass Lord Elgin zu seiner Zeit die explizite Erlaubnis der damaligen osmanischen Machthaber hatte, der Export also "legal" erfolgt sei.
Ob die Frage nun im Kontext von Handelsabkommen erneut diskutiert wird, bleibt abzuwarten. Gegenüber dem Art Newspaper gaben einige Experten an, dass die Sprache der EU-Direktive zu vage sei, um eine Debatte zu den Parthenon-Skulpturen zu tragen: Es könnte damit eher intendiert sein, den Handel mit gestohlenen Antiken insgesamt in den Griff zu bekommen.
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