Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Wenn unterm Dirndl gejodelt wird
1973 brach ein neues Filmgenre über Deutschland herein: Sexklamotten mit viel nackter Haut und fragwürdigem Witz.

Das sind die Liebesgrüße aus der Lederhos'n. Da weiß man, was bei uns steht." Mit diesem Titelsong brachen 1973 die "Liebesgrüße aus der Lederhos'n" über Deutschland herein und begründeten einen heute skurril wirkenden Trend im deutschen Kino: den Lederhosenfilm mit viel nackter Haut, prallen Dirndl-Dekolletes und flachem Humor.

Laut Spiegel Online war der Film von Regisseur und "Softporno-König" Franz Marischka damals der bestbesuchte deutsche Film des Jahres. Zwar gab es auch vorher schon Film(s)experimente auf der Alm mit Streifen wie "Alpenröschen im Dirndlhöschen" oder "Pudelnackt in Oberbayern", der ganz große Boom aber begann mit den "Liebesgrüßen".

Ein Jahr später kam "Auf der Alm da gibt's koa Sünd" in die Kinos. 1,2 Millionen Zuschauer sahen sich die Sex-Klamotte an. "Es war zur richtigen Zeit am richtigen Ort das richtige Genre", sagt David Spiehs, der Geschäftsführer der Produktionsfirma Lisa Film. Sein Vater Karl hat den Film und andere Klassiker des Genres produziert. "Ich bin mit diesen Filmen aufgewachsen", sagt Spiehs (Jahrgang 1974), der als Geschäftsführer von Lisa Film in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist. "Heimatfilme haben in Deutschland ja schon immer gut funktioniert."
(Runterscrollen um weiterzulesen)

"Alpenglüh'n im Dirndlrock": Die besten Lederhosen-Titel

Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose012.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose001.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose002.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose003.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose004.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose021.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose006.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose013.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose008.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose009.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose010.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose014.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose015.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose020.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose016.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose017.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose005.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose018.jpg
Wenn unterm Dirndl gejodelt wird

Liebesgruesse_Lederhose011.jpg

"Die Idee war, die sexuelle Revolution der späten 60er auch kommerziell auszuschlachten und für das Kleinbürgertum aufzubereiten", sagt der Soziologe Sven Lewandowski, der ein Buch über "Die Pornographie der Gesellschaft" geschrieben hat. Während in den USA bereits die ersten Hardcore-Pornos wie der Klassiker "Deep Throat" (1972) auf den Markt kamen, habe man in Deutschland noch behutsamer vorgehen müssen.

"Man wollte die Angst vor Sex auf der Leinwand nehmen, indem man ihn mit einer Pseudo-Witzigkeit paart, wie sie in der Zeit zum Beispiel auch in Bud Spencer-Filmen vorkam." Um die Erotik der Lederhose ging es seiner Einschätzung nach dabei nicht. Schließlich feierten auch Filme wie die der berüchtigten "Schulmädchen-Report"-Reihe damals große Erfolge. "Das Rezept lautete: nackte Haut und Sex plus X."

Wenn unterm Dirndl gejodelt wird
Die große Ära des sinnbefreiten Erotik-Nonsens in den Bergen aber war da aber längst vorüber.


Zahlreiche Produzenten sprangen auf den "Sexexpress aus Oberbayern" (Filmtitel von 1977) auf. Gemeinsam haben die Filme, dass zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit die Lederhose runtergelassen und das Dirndlröckchen gehoben wird. Anarchisch könnte man das wohlwollend nennen - oder auch sinnbefreit. Das Frauenbild: eine Katastrophe, das Männerbild: auch. "Spiegel Online" zitiert das Heyne-Filmlexikon: "Bayerische Buam bumsen brünstige Blondinen. Ein wirklich intellektuelles Vergnügen."

Die "Liebesgrüße aus der Lederhos'n" brachten es auf insgesamt sieben Filme. Den letzten mit dem Untertitel "Kokosnüsse und Bananen" gab es im Jahr 1990. Da war der Höhepunkt längst vorbei. Zwar erlebten die Sexfilmchen im Nachtprogramm der Privatsender ein kurzes Revival, die große Ära des Erotik-Unsinns in den Bergen aber war vorüber.

Erlöschen des Alpenglühens

Jasper P. Morgan vermutet in seinem bildgewaltigen Buch "Die sündige Alm - Die deutsche Sex-Komödie" auch späte Prüderie hinter dem Erlöschen des Alpenglühens. Als Beispiel nennt er den Film "Alpenröschen im Dirndlhöschen", der bei Erscheinen 1971 trotz (laut Drehbuch) minderjähriger Hauptdarstellerin, Sex mit dem Stiefvater und Sex-Geständnissen im Beichtstuhl nicht beanstandet wurde, 1985 als Videofassung aber auf dem Index landete. "Offenbar war also das Moralempfinden der Deutschen in den frühen Siebziegern wesentlich lockerer als zehn Jahre später", erklärt der Autor.

Soziologe Lewandowski sieht das anders: "Das Home-Video brachte den Zugang zu Hardcore-Pornografie außerhalb von Porno-Kinos im Bahnhofsviertel." Heute gebe es einfach keine Klientel mehr für die Sex-Filmchen. "Sie sind nicht ironisch genug und nicht pornografisch genug."

Für viele Schauspieler aber war die sündige Alm die erste Stufe auf der Karriereleiter. Peter Steiner zum Beispiel, später mit seinem "Theaterstadl" berühmt, spielte zumindest gefühlt in jedem zweiten dieser Filme mit. Elisabeth Volkmann, "Klimbim"-Ulknudel und später deutsche Synchronstimme von Marge Simpson, spielte die Hedda in "Alpenglühn im Dirndlrock".

Auch Liedermacher Konstantin Wecker gab sich die Ehre in einem Klassiker des Genres: 1974 spielte er - wie übrigens auch Annemarie Wendl, die "Else Kling" aus der "Lindenstraße" - in dem Film "Unterm Dirndl wird gejodelt" mit. Reden möchte er heute nicht mehr gerne über diese Rolle. Aber er tut das einzige, was bei diesem Auswuchs des deutschen Films Sinn macht: Er nimmt es mit Humor.

(Text: Britta Schultejans, dpa)

Kommentare