Wenn Paulus Manker wütet, winselt – und seine Liebe erklärt
Der Mann hat Nerven. Bloß drei Stunden, nachdem Paulus Manker in der Serbenhalle von Wr. Neustadt, seinem imponierend-düsteren Refugium, geheiratet hatte, trat er den Dienst als Lokführer an, um das Publikum vom Parkplatz zur 500. „Alma“-Vorstellung zu transportieren.
Das Simultandrama „ Alma – A Show Biz ans Ende“ von Joshua Sobol war 1996 im Rahmen der Wiener Festwochen uraufgeführt worden. Manker ging mit dem Stück, das Anleihen bei Lessings Ring-Parabel nimmt, auf Welttournee (Venedig, L.A., Jerusalem, Prag etc.), er verfeinerte es kontinuierlich – und er bewies beim Besetzen ein gutes Händchen: Die Almas wurden u.a. von Anna Franziska Srna, Martina Ebm und Johanna Wokalek verkörpert. Im Programmbuch, einer illustrierten Chronologie, sind zu jeder Rolle alle Schauspieler der vergangenen 23 Jahre aufgelistet. Bloß bei einem der vielen Männer, denen Alma Schindler-Mahler-Werfel-Gropius den Verstand raubte, ist nur ein Name angeführt. Und auch an seinem Hochzeitstag spielte Manker den Kokoschka.
Erwachsen werden
Er hat seinen großen Auftritt erst nach der Pause, also nach dem Tod von Gustav Mahler, dem imposanten Begräbnis (mit vielen Fackeln zur Musik von Leonard Bernstein) und dem exzellenten Leichenschmaus. Das Konzept der parallel ablaufenden Szenen mit gleich vier Almas wird dann aber nicht mehr konsequent eingehalten. Denn alle wollen sehen, wie Manker wütet und winselt.
Der Impresario verlegte daher die entscheidende Szene vom Nebentrakt in die große Halle. Und sie geriet wieder ungemein packend. Doch dieses Mal war sie auch eine raffinierte Liebeserklärung an seine Frau Elisabeth Auer, die das Geschehen amüsiert mitverfolgte. Etwa wenn Kokoschka zu Alma (Elisabeth Kofler) sagt, dass er ohne sie nicht leben könne – und bei jedem Lidschlag an sie denke. Er, sagt Manker, lege ihr nicht nur sein Leben zu Füßen: Der Kindskopf verspricht auch, erwachsen zu werden.
Das weitere Schicksal möge Manker erspart bleiben. Denn Anna entzieht sich Kokoschka – und schickt ihn in den Krieg. Nicht einmal das Reserl (Johanna Hainz) vermag ihn dann zu trösten. Wieder Standing Ovations – und ein prächtiges Feuerwerk anlässlich der 500. Vorstellung. Aber wohl nicht nur.
THOMAS TRENKLER
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