Die Landesgalerie Krems zeigt nun ergänzend dazu eine Ausstellung, für die Steinbrener, Dempf & Huber Selfie-Tapeten im Kunstraum installierten: Tourismus ist im Digitalzeitalter schließlich mehr denn je vom Verlangen getrieben, selbst zum Bild zu werden und als solches auf den Socia-Media-Screens der Welt zu erscheinen.
Während die Region Schladming-Dachstein für die anbrechende Saison mit dem Slogan „Weniger Bildschirm, mehr Hintergrund“ um Besucher wirbt, bauen Steinbrener, Dempf und Huber subtile Irritationen in die idyllischen Selfie-Hintergründe ein, lassen Besucher mit der Hoffnung auf kritische Reflexion als Elendsvoyeure oder Ballermann-Partymacher posieren. „Wir versuchen, bestimmte Themen mit unseren visuellen Mitteln aufzureißen. Wir sagen aber nicht: ,Wir wollen keinen Massentourismus’ – wir stellen lediglich Dinge fest“, erläutert Steinbrener.
Bei der Wahl ihrer visuellen Mittel schließen die drei Künstler gern historische Traditionen und Darstellungsformen mit der Gegenwart kurz: Illustrierte Tier- und Pflanzenbücher des 19. Jahrhunderts, Guckkästen und vor allem Dioramen – jene künstlichen Landschaften, in denen Naturkunde-Museen gerne Fauna und Flora im Vitrinenformat verdichteten – haben es ihnen angetan.
Nach Interventionen im Zoo Schönbrunn (2009) und dem Naturhistorischen Museum Wien (2012) installierte das Trio nun auch ein aufwändiges Dioramen-Set im Linzer Schlossmuseum: Dort gestalteten die Künstler Szenarien, in denen etwa ein Kamel (in Anlehnung an den Hollywood-Film „I Am Legend“) über einen postapokalyptisch überwucherten New Yorker Times Square spaziert oder eine Gruppe von Steppentieren wie in einem Biedermeier-Familienporträt Aufstellung nimmt. Die meisten Tierpräparate stammen dabei aus der Sammlung der oberösterreichischen Landesmuseen, einige wurden extra neu angefertigt – etwa der Steinbock, der vor einem idealisierten Bergpanorama an der Vitrinenscheibe klebt.
„In der Linzer Ausstellung kommt alles zusammen, was wir an Wissen über Bildtechniken gesammelt haben“, erklärt Steinbrener. Dass dreidimensionale Objekte vor einem zweidimensionalen Hintergrund den Eindruck eines durchgehenden Raumes erwecken, verlange genaue Überlegungen im Hinblick auf Ausleuchtung, Perspektive und Platzierung – in dieser Hinsicht seien Selfies vor einer Tapete nicht viel anders als ein historisches Diorama in einem Museum. „Dahinter steckt ganz stark eine Zusammenführung unserer Professionen“, sagt Martin Huber. „Ich bin Architekt, Christoph ist Bildhauer, Rainer ist Fotograf und Grafiker. Und im Diorama sind alle Disziplinen drin.“
Steinbrener/Dempf & Huber tragen ihre mitunter absurden, auch humoristischen und häufig von Anspielungen an die Film- und Populärkultur durchwirkten Bildinszenierungen oft unter erheblichen Anstrengungen in den öffentlichen Raum. Dass ihre Ideen nicht bloß Bildmontagen am Computer bleiben, sondern real umgesetzt werden, ist ein zentrales Anliegen, sagt Steinbrener, der die gegenwärtige Hinwendung von Museen zu digitalen Formaten sehr kritisch sieht: „Das unmöglich Scheinende doch zu realisieren – das ist ein kleiner Aspekt dessen, das die Kunst noch an Neuem bieten kann.“
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