Menschen im Krieg

Menschen im Krieg
"An Meine Völker!" in der Nationalbibliothek.

Gedächtnisjahr 1914. Im Sommer erklärt der Kaiser via Proklamation aus Bad Ischl "An Meine Völker!" Serbien den Krieg. Und löst damit eine fatale Kettenreaktion aus.

Russland macht mobil. Deutschland ebenfalls, dann Frankreich und Großbritannien. Anfang August steht Europa in Flammen. Die traurige Bilanz des "Großen Krieges" nach vier Jahren: 17 Millionen Tote und 20 Millionen Verwundete.

Die Ausstellung "An Meine Völker! Der Erste Weltkrieg 1914 – 1918" im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) erinnert als "eine zentrale Gedächtnisstation in diesem Land", so ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger mit der "objektiven Distanz aus 100 Jahren und ohne Nationalstolz" an die Ereignisse von damals: "Runde Jahrestage sollen Anlass für echte Erinnerungsarbeit jenseits von Tabuisierungen und Schuldzuweisungen sein."

Im Mittelpunkt der vom Historiker Manfred Rauchensteiner kuratierten Schau "zur Gedächtniskultur dieses Landes" steht die einzigartige Kriegssammlung der ehemaligen Hofbibliothek.

Archiv des Untergangs

Denn bereits kurz nach Kriegsbeginn wurden umfassend Materialien gesammelt und – bis 1918 – mehr als 52.000 Plakate, Noten und literarische Texte, aber auch u.a. künstlerisch gestaltete Feldpostkarten und Tagebücher archiviert. Dazu kamen mehr als 30.000 Fotos.

Bewusst war damals niemandem, dass die von der Hofbibliothek – dem Vorgänger der Nationalbibliothek – akribisch gesammelten Stücke einmal zu einer Dokumentation des Irrsinns und des Untergangs werden könnten.

Rund 250 ausgewählte Exponate erzählen in 16 Stationen vom Beginn und vom Weg durch die Kriegsereignisse und schließlich vom Zerfall Mitteleuropas.

Wobei es Rauchensteiner weniger um die Darstellung der militärischen Aktionen ging: "Ich wollte neben der zunehmend militärdiktatorischen Seite mit Kriegs- und Standrecht vor allem zeigen, wie der Krieg im Hinterland angekommen ist."

Wo Kinder, militärisch indoktriniert, in Schulaufsätzen beschreiben: "Wie ich mir den Unterseebootkrieg vorstelle." Oder: "Auf welche Weise ich die Engländer besiegen würde." Wo in einem "patriotischen Geduldspiel" ein 42-Zentimeter-Geschoss als Puzzle zusammenzusetzen war. Wo man aufrief, Maikäfer als Tierfutter und Brennesselstengeln für die Herstellung von Armeeuniformen zu sammeln.

Während die neu entstandene Unterhaltungsindustrie mit Filmen wie "Der österreichisch-ungarische Krieg in 3000 Metern Höhe" den Krieg als das größte Ereignis einer Generation inszenierte. Die Ausstellung zeigt zum Abschluss das Typoskript der Verzichtserklärung Kaiser Karls, der am 11. November 1918 abdankte. Vier Jahre Krieg und über 600 Jahre Habsburgerherrschaft waren damit zu Ende.

Info: Bis 2. 11. Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek; Di. – So. 10 – 18 Uhr, Do. 10 – 21 Uhr; (Juni – September auch Mo. 10 – 18 Uhr); Katalog: 29,90 €

www.onb.ac.at

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