"Name der Rose": Autor Umberto Eco gestorben

Umberto Eco: Wortführer gegen die Übernahme
Eco zeigte, dass Literatur nicht leicht sein muss, um Erfolg zu haben.

Umberto Eco hatte viele Talente; eines aber war außergewöhnlich: Er schaffte es, Weltbestseller um Nischenfragen der Sprachforschung und, im „Namen der Rose“, Theologie – ob Jesus lachte? – herum zu bauen.

Eco schuf so literarische Gemeinschaftsorte, an denen sich Gruppen treffen konnten – Studenten, Wissenschafter, Bestseller-Leser –, die einander sonst auch mal skeptisch beäugen. Und Eco war noch etwas anderes: Ein Europäer von einer Sorte, die mit seinem Tod noch ein wenig weiter zu verschwinden droht. Er verströmte die Selbstverständlichkeit, dass an sich zweckfreie Bildung – und nicht Ausbildung – das höchste europäische Gut ist, dass die Fragen ohne schnelle oder auch vermarktbare Antworten die wichtigsten sind und die aufdringliche Aktualität immer an der Ewigkeit oder zumindest an der Ruhe gemessen gehört.

Macht der Symbole

Sein wissenschaftliches Zentralthema klingt trockener, als es ist: Eco war Semiotiker – das heißt, er versuchte, Kulturen anhand ihrer Zeichen und Symbole – religiöse, popkulturelle, modische usw. – zu verstehen.

Eine abstrakte Disziplin, die aber ganz eng mit der Oberfläche der Gegenwart verknüpft ist – und so die Abschottung des Forschers verhindert: Vom Elfenbeinturm herab sind die Zeichen nicht zu erkennen, Eco war ein Theoretiker des Alltags. Kein Detail der Gegenwart war ihm zu nieder, um aus ihm zu lernen. So schrieb er über hochkomplexe Zeichenzusammenhänge ebenso wie über Micky Maus.

Was natürlich für einen Autor der Idealzustand ist: Aus Ecos Büchern erliest man sich ein tiefes Verständnis über die Vielfalt der Alltage, wie Kulturen oder auch kleinere Systeme – etwa ein Mönchskloster des italienischen Mittelalters – funktionieren können und kommunizieren. Zwar kippen viele seiner Bücher dann doch ins Theoretische, wofür er auch anhaltend kritisiert wurde; im „Namen der Rose“ aber hat der 1932 in Alessandria geborene Autor den schmalen Grat zwischen philosophiegeschichtlicher Abhandlung und packender Mörder-Story perfekt getroffen.

Das eröffnete ihm ein Publikum, das Bereitschaft hatte, sich mit dem Foucaultschen Pendel ebenso auseinanderzusetzen wie mit der Frage, wie man mit einem Lachs verreist. Literatur, so bewies Eco gegen jedes Vorurteil, muss nicht leicht sein, um erfolgreich zu sein. Das ist ihm zu danken.

Suhrkamp-Verlag lehnte Kauf von "Der Name der Rose" um 15.000 Mark ab - Ö1 wiederholt "Im Gespräch" mit dem Schriftsteller anlässlich einer Buchpräsentation im Dezember 2015 in Wien.

Mit "tiefer Trauer" hat der Münchner Hanser-Verlag auf den Tod des italienischen Schriftstellers Umberto Eco reagiert. "Wir haben sein Werk, er aber fehlt uns", sagte Jo Lendle im Namen des Verlages am Samstag. Ein großer, kluger, gewitzter Schriftsteller, Philosoph und Bücherliebhaber sei gestorben.

"Wer seine Werke liest, findet nicht nur anregendste Literatur, sondern lernt fragen, zweifeln, denken", würdigte Lendle das Werk des Italieners. Die Veröffentlichung von Ecos erstem Roman "Der Name der Rose" habe den Verlag im Jahre 1982 zu dem gemacht, was er sei.

Dabei hätte der Suhrkamp-Verlag das Manuskript von Ecos Welterfolg "Der Name der Rose" nach den Worten seines Cheflektors Raimund Fellinger einst für 15.000 Mark kaufen können, lehnte aber ab. "(Verleger Siegfried) Unseld wollte nur 12.000 bezahlen", sagte Fellinger dem Magazin der "Süddeutschen Zeitung" vom Freitag. "Der Hintergrund war, dass wir zwei Bücher von Eco in unserem Wissenschaftsprogramm hatten. Von denen hatten wir nur 800 Stück verkauft. Da stellte sich die Frage: Wie kommt ein Semiotik-Professor dazu, einen Roman zu schreiben und so viel Geld zu verlangen? Das war Pech." Auf die Frage, ob jemand bei Suhrkamp den später millionenfach verkauften Roman vor der Absage gelesen habe, sagte Fellinger: "Eher nicht."

In memoriam Umberto Eco ändert der ORF-Radiosender Ö1 sein Programm und wiederholt am Montag (22.2., 16:00 Uhr) die Sendung "Im Gespräch". Renata Schmidtkunz sprach anlässlich der Präsentation von Ecos letzten Roman "Nullnummer" Anfang Dezember im Wiener Burgtheater mit dem Schriftsteller u.a. über seine frühe Liebe zu Büchern und die miesen Methoden des Boulevard-Journalismus.

Wie die italienische Zeitung "La Repubblica" unter Berufung auf die Familie berichtete, starb Eco am Freitagabend im Alter von 84 Jahren in seiner Wohnung in Mailand. Eco war vor allem als Autor bekannt, der Italiener erlangte aber auch als Philosoph und Sprachwissenschafter Weltruf.

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