Welser-Möst: "Kunst kann nicht politische Probleme lösen"

Welser-Möst: "Kunst kann nicht politische Probleme lösen"
Franz Welser-Möst über den Auftritt von Currentzis und seine eigene Puccini-Premiere.

Der österreichische Dirigent wünscht sich mehr Differenzierung in der Debatte und prophezeit für „Il trittico“ Taschentuchalarm.

KURIER: Nach zwei Corona-Festspielen werden die diesjährigen im Vorfeld von der Kriegsdebatte überlagert. Es geht vor allem um den Umgang mit dem griechisch-russischen Dirigenten Teodor Currentzis, der am 26. Juli die Premiere von Bártoks „Herzogs Blaubarts Burg“ und Orffs „De temporum fine comoedia“ dirigiert. Wie sehen Sie diese Debatte?

Franz Welser-Möst: Diese Debatte wird leider sehr undifferenziert geführt, aber das ist typisch für unseren Schwarz-Weiß-Populismus, der jemanden zum Feind erklärt, sobald er anderer Meinung ist. Ich sehe das so: Krieg ist Krieg – und die roten Linien sind dort, wo Menschen aktiv zum eigenen Vorteil das System Putin unterstützt haben.

Und das ist bei Currentzis nicht der Fall?
Auch für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Die ist ein wesentlicher Teil einer demokratischen Gesellschaft. Aber leider haben wir das vergessen. Eine Anklage gegen jemanden wird oft mit einem Schuldurteil verwechselt. Die Wahrheit ist jedoch immer auch eine Tochter der Zeit.

Fehlen nicht dennoch klare Statements von Salzburger Seite?
Es gab ein klares Statement vom Kuratorium, das politisch besetzt ist. Da hat es geheißen: Das soll der Intendant künstlerisch beurteilen. Das bedeutet, dass die Politik die Entscheidung, ob Currentzis in Salzburg dirigiert, nicht als politische, sondern als künstlerische betrachtet. Hinterhäuser schätzt Currentzis sehr, also hat er auch diese künstlerische Entscheidung getroffen. Sonst hätte das Kuratorium entscheiden müssen, auf Grund anderer Kriterien. Aber Kunst kann nicht politische Probleme lösen, sondern nur den Raum zum Reflektieren anbieten. Kunst ist nicht Politik.

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