Weiblicher Schmerz wird weniger ernst genommen

Weiblicher Schmerz wird weniger ernst genommen
Unterschätzt, übergangen und abgewertet: Eine feministische Erkundung des Gender-Pain-Gaps und seiner Konsequenzen.

Ihre Großmutter, so erinnert sich Autorin Eva Biringer, war eine Frau mit ständigen Schmerzen, die unentwegt auf dem Sofa lag und gelitten hat. Und sie erinnert sich daran, dass kaum jemand den Schmerz der Großmutter ernst genommen hat. Der Arzt konnte keinen physiologischen Grund dafür finden, daher meinte man, sie habe schlichtweg nichts.

„Heute tut es mir unfassbar leid, dass auch wir als Familie ihren Schmerz nicht immer ernst genommen haben“, sagt Biringer. Sie ist davon überzeugt, dass das Leid ihrer Oma auch mit seelischem Stress zu tun hatte. Zuletzt war die Großmutter abhängig von Psychopharmaka. Die Verschreibung solcher Medikamente ist ein wichtiger inhaltlicher Faktor in ihrer Aufarbeitung „Unversehrt“, die von weiblichem Schmerz handelt.

Fokus des Werkes

Fast jede zweite Frau, die mit Schmerzen zum Arzt kommt, hat schon einmal gesagt bekommen, sie bilde sich diese nur ein. Frauen, so schreibt Biringer, haben diffuse Beschwerden und anstatt genauer Untersuchungen kriegen sie Psychopharmaka verschrieben. Und das sehr viel häufiger als Männer. Ihr Schmerz werde nicht ausreichend ernst genommen. Eva Biringer führt die Leserinnen und (hoffentlich) auch Leser durch unterschiedliche Aspekte der Bevorzugung des männlichen Geschlechtes in unserer Gesellschaft. Sie zeigt auf, in wie vielen Bereichen und wie lange schon das weibliche Geschlecht dem anderen unterlegen ist. Angefangen schon vor der Geburt, wo in manchen Ländern weibliche Föten eher abgetrieben werden.

Biringer rückt den weiblichen Schmerz in den Mittelpunkt und damit auch die Unterschiede zum männlichen Schmerz. Viel zu wenig sei über den Gender-Pain-Gap hinsichtlich seelischer und körperlicher Schmerzempfindung bekannt. Diesem, wie sie auch kritisiert, teils völlig unerforschten Feld nähert sich die Autorin einerseits wissenschaftlich fundiert, andererseits historisch und schließlich auch anhand eigener Erfahrungen. Sie beschreibt, wie eine Welt aussehen könnte, in der weiblicher Schmerz Gehör findet.

Lesen Sie hier das ausführliche Interview mit der Autorin.

Weiblicher Schmerz wird weniger ernst genommen

Eva Biringer: „Unversehrt“, Harper Collins, 256 Seiten, 21,50 Euro

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