Was für ein Unsinn, geboren zu sein!
Es passiert - Gott sei Dank - nicht oft, dass man das Gefühl hat, der Autor ist wütend, er verzweifelt an der gesamten Menschheit und stemmt deshalb seine Leser in die Höh', beutelt sie durch, schreit, schimpft: Was für ein Unsinn, geboren zu sein!
Josef Bierbichler ist als Schauspieler im Theater und Film ("Im Winter ein Jahr", "Der Knochenmann")wie Donner und Blitz. Daran ist man gewöhnt.
Dass der 63-jährige Bayer in der Lage ist, schon in seinem ersten Roman die Sprache wie eine Sense zu schwingen (und damit durchaus auch streicheln zu können, tut halt trotzdem ein bissl weh) ... das macht "Mittelreich" zum außergewöhnlichen Debüt.
Bierbichler stammt vom Starnberger See, ist selbst Landwirt, war Gastwirt - nur hat er geschafft, was im Buch misslingt: Er hat sich nicht gefangen nehmen lassen.
Ausgeliefert
Er erzählt 70 Jahre Geschichte(n) vom Seewirt. Erster Weltkrieg. Zweiter Weltkrieg. Die ersten Sommerfrischler. Zwangsarbeiter. Flüchtlinge. Der erste Fernsehapparat. Missbrauch im Internat. Er erzählt deutsche Geschichte. Sie würde, wäre sie an einem österreichischen See angesiedelt, nicht viel anders ausschauen.
Generationen, die nicht ausbrechen können. Die dem Erbe ausgeliefert sind, dem Bauernhof und dem Wirtshaus. Selbst, wenn es einen zur Kunst zieht. Oder ist dieses Leben nicht Kunststück genug?
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