War Gurlitt paranoid? Zweifel an Testament

Fühlte er sich von den Nazis verfolgt? Kunsterbe Cornelius Gurlitt
Cornelius Gurlitt soll an "paranoiden Wahnideen" gelitten haben. Gericht sieht keinen Anlass zur Prüfung gegeben.

Cornelius Gurlitt, der im Mai verstorbene Kunsthändlersohn, soll beim Abfassen seines Testaments nicht im Besitz seiner geistigen Kräfte gewesen sein: Wie ein von den übergangenen Erben beauftragtes Gutachten ergibt, habe der Besitzer einer wertvollen – und hinsichtlich der Provenienz umstrittenen – Kunstsammlung unter „paranoiden Wahnideen“ gelitten, als er seinen Letzten Willen im Jänner 2013 niederschrieb, berichtet die Süddeutsche Zeitung.

Wegen dieser psychischen Erkrankung sei Gurlitts „Freiheit der Willensbildung“ aufgehoben gewesen, argumentiert der Gutachter: Bereits seit den 1960er-Jahren soll sich Gurlitt von Nazis verfolgt gefühlt haben. Folgt man dieser Argumentation, wäre das von ihm verfasste Testament ungültig.

Vorerst keine Prüfung

Das zuständige Nachlassgericht sieht zurzeit allerdings keinen Anlass, das Testament Gurlitts zu überprüfen. „Da derzeit kein Erbscheinsantrag vorliegt, findet auch keine Prüfung der Wirksamkeit des Testaments statt“, teilte eine Sprecherin des Münchner Amtsgerichtes mit.

Cornelius Gurlitt (1932– 2014), Sohn des von den Nazis favorisierten Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, hatte alle seine Besitztümer dem Kunstmuseum Bern vermacht. Dieses will am 26. November darüber entscheiden, ob es das Erbe annimmt.

Große Teile von Gurlitts Sammlung waren in München 2012 beschlagnahmt worden, später tauchten noch Bilder in Salzburg auf. Eine „Taskforce“ prüft derzeit die Provenienz – der gesetzte Zeitrahmen von einem Jahr reicht aber bei Weitem nicht. Deutschlands Kulturpolitikern wäre es laut SZ sehr recht, wenn das Kunstmuseum Bern das Erbe annimmt. Der von Gurlitt eingesetzte Sprecher, Stephan Holzinger, erklärte via Twitter, es sei „schlichtweg ekelhaft, wie ex post nun von interessierter Seite mit dem Erbe von Cornelius Gurlitt umgegangen wird.“

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