Thomas Gratzer, Chef des Rabenhofs, zum Beispiel bewarb sich mit Irene Girkinger, Intendantin in Bozen. Sie hätte sich um das Haupthaus gekümmert – und er hätte für die Bezirke gebrannt. Doch im Juni wurde Kay Voges als Direktor aus dem Hut gezaubert. Bei der Vorstellung sagte er: „Das Theater in den Außenbezirken muss weitergehen.“ Im Oktober aber stellte Voges im APA-Interview die Bezirke-Tournee und die Nebenspielstätte Volx/Margareten infrage. Ali M. Abdullah, der mit Harald Posch das Werk X in Meidling leitet, stellte erstaunt fest, dass „funktionierende Orte in der Peripherie abgewickelt“ werden sollen, „weil für die Haupthäuser zu wenig Geld vorhanden ist“. Ob da noch die Richtung der SPÖ-Kulturpolitik stimme?
Doch so einfach ist es nicht, das umzusetzen: Für die Bezirke (mit den Premieren im Volx/Margareten) gibt es jährlich 800.000 Euro – unabhängig von der Dotierung für das Volkstheater. Der künftige Direktor, der gerade an der Burg inszeniert, wird die Knete also nicht ohne Leistung einsacken können. Beziehungsweise: Wenn Voges null Bock auf die Bezirke hat, könnte man Gratzer die Aufgabe übertragen.
Die Unterdotierung ist aber nicht das einzige Problem von Kaup-Hasler in Zusammenhang mit dem Volkstheater. Vor über einem halben Jahr deutete sie an, dass sich der dominante ÖGB im Sommer 2019 aus der Volkstheater-Stiftung zurückziehen werde. Seither herrscht Schweigen. Nun heißt es, dass Kaup-Hasler nur einen der beiden Subventionsgeber repräsentiere. Dieses Vorhaben solle jedoch nicht ohne Einbindung des Bundes umgesetzt werden. Und so warte man eben, bis es eine neue Regierung gibt. Man hat also – puh! – Zeit gewonnen.
"Präkere Situation"
Das Kulturamt reagierte bisher auch nicht auf den desaströsen Bericht des Wiener Stadtrechnungshofes. Selbst Voges kam bereits die Erkenntnis: „Der Kollektivvertrag muss dringend überholt werden. Er ist mit ein Grund für die prekäre Situation.“ Doch der ÖGB wird erfahrungsgemäß auf die wohlerworbenen Rechte pochen.
Der Teufel würde daher die Volkstheater-GmbH in den Konkurs schicken (laut StRH haben sich ohnedies Stadt und Bund verpflichtet, die Haftungen für ungedeckte Rückstellungen zu übernehmen). In der Folge wird eben eine neue GmbH gegründet und ein neuer Kollektivvertrag ausgehandelt.
Das ist zwar nicht sehr sozialdemokratisch, aber wirtschaftlich vernünftig. Zudem ist der Zeitpunkt jetzt ideal. Denn ab 2. Jänner wird das bereits eingerüstete Hauptgebäude saniert und der Betrieb daher stillgelegt (nur im Haupthaus, ab 15. Jänner Vorstellungen im MuseumsQuartier).
Ihr Tratsch-Partner hätte gerne gewusst, wie viele Mitarbeiter gekündigt werden. Er wollte auch wissen, ob alles im Zeit- und Kostenrahmen bleibe – und wie das Volkstheater die drei Millionen Euro an Drittmittel erwirtschaften will, die es zum Gesamtprojekt (27 Millionen) beizusteuern hat.
Die Antwort fiel ernüchternd aus: „Das Volkstheater nimmt zu diesen Fragen derzeit keine Stellung.“ Das ist keck. Immerhin finanziert der Steuerzahler das Haus zu mehr als 75 Prozent. Recht wortkarg reagierte man auch auf Fragen zur Produktion „Haummas net sche“ (über Menschen im Gemeindebau) in der Regie von Sara Ostertag. Der erste Probenmonat soll als unbezahlter Workshop geführt worden sein, für den zweiten bekamen die ausgebildeten Schauspieler, etliche mit Migrationshintergrund, 1180 Euro. Und als Abendgage wurden lediglich 60 Euro angeboten. Das Volkstheater behauptet: „Die Mitwirkenden werden dem Kollektivvertrag gemäß entlohnt.“ Manch einer spricht aber erbost von „Ausbeutung“. Kaup-Hasler verlangt zwar von den Bühnen, dass die Mitarbeiter fair entlohnt werden; im ÖGB-Theater dürften jedoch Standards unterlaufen worden sein.
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