Von der Vergänglichkeit: Jüdisches Leben im Wandel
25 Jahre lang hat Josef Polleross jüdische Gemeinden in Osteuropa und Zentralasien vor und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, im Nahen Osten, in Nordafrika und in den USA besucht. In der Ausstellung "Kommen und Gehen. Jüdisches Leben im Wandel" sind Bilder dieser Reisen nun ab dem 13. Mai zu sehen. Und auch wenn der Titel beide Deutungen zulässt, so bleibt es doch der Wandel zum Schlechteren, der den größten Eindruck hinterlässt. Das "Gehen" ist deutlicher als das "Kommen".
Vom Verschwinden
Viele der Synagogen, die Polleross auch auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion fotografiert hat, existieren heute nicht mehr. "Die Gemeinden bestanden dann hauptsächlich aus älteren Menschen, die nicht mehr weg wollten", erklärt Polleross im Interview mit Ausstellungskurator Ronnie Niedermeyer (erschienen in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift WINA). "Wenn auch schon die Räume nicht mehr instand gehalten werden, ist es klar, dass es bald vorbei sein wird. In solchen Situationen fühle ich mich als Zeitzeuge. Ich habe die Möglichkeit, etwas zu verewigen, das in dieser Form nie wieder existieren wird."
Von Außen
Als Zeitzeuge, als interessierter Beobachter, als Freund, als Reisender, selten als Beteiligter. Josef Polleross, 1963 im Waldviertel geboren und mit neunzehn Jahren in New York bei einem jüdischen Fotografen in die Lehre gegangen, hat sich seinen Blick von außen bewahrt.
Ein Vorteil, wie er findet. "Die Leute finden es oft als etwas Besonderes, wenn ein fremder Fotojournalist sich für ihre Welt interessiert", erklärt Polleros. Auch wenn die ausgelassene Fröhlichkeit, die zum Beispiel bei Feierlichkeiten orthodoxer Juden oft spürbar sei, auch sehr ansteckend wirken könne, "als Außenstehender steht man über den internen Differenzen, die einem sonst die Arbeit erschweren würden." So sei es auch nicht sein primäres Anliegen gewesen, die Menschen auf seinen Bildern möglichst vorteilhaft in Szene zu setzen. "Ich wollte Momente festhalten, die eine Spannung vermitteln und ein Zeitfenster vermitteln."
Zur Person: Josef Polleross wurde 1963 im Waldviertel geboren und lebte unter anderem in New York, Kairo und Bangkok. Seine Bilder erschienen u.a. in der New York Times, der Washington Post, Life, Newsweek, Geo oder Stern. Zahlreiche Werkschauen und Fotobücher bekamen internationale Aufmerksamkeit. Für das Jüdische Museum Wien entstand 2012 eine umfangreiche Fotoserie der Wiener Juden, die unter dem Titel "Heute in Wien 2012" ausgestellt wurde. In den letzten Jahren begann Polleross sich zunehmend der künstlerischen Fotografie zuzuwenden. Er lebt und arbeitet in Wien.
Zur Ausstellung: "Kommen und Gehen. Jüdisches Leben im Wandel der Zeit" - Kuratiert wurde die Ausstellung von Ronnie Niedermeyer im Auftrag der Initiative Respekt. Zur Eröffnung am 12. Mai (18.30 Uhr) spricht Susanne Scholl.
Dauer: 13. bis 26. Mai - montags bis donnerstags, 13.00 bis 19.00 Uhr. // Galerie Lumina.
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