Volkstheater: Bankdirektoren in Unterhosen - schön geschmacksbefreit

Komödie mit Banküberfall: Tjark Bernau, Stefan Suske, Maximilian Pulst, Andrej Agranovski, Paula Nocker
Es ist noch nicht einmal Winterzeit und schon jetzt ist sie da, die ideale Silvestervorstellung. Mit „Komödie mit Banküberfall“ der Londoner „Mischief Company“ gelingt im Volkstheater eine rasante, nahezu perfekt sitzende, erfrischend geschmacksbefreite Tür-auf-Tür-zu-Komödie mit eingängiger Schlagermusik. Manko: Manchmal versteht man den Text kaum. Aber egal, die Handlung ist ohnehin eher behauptet. Im Schnellsprech wird kalauert, dass einem die Ohren schlackern und man ahnt: Hier geht’s um etwas Ähnliches wie einen Bankraub, vorrangig aber um Bankdirektoren in Unterhosen.
Zweieinhalb Stunden alberner, teils derber, aber einwandfrei funktionierender Slapstick. Britischer Humor eben. Nackte Popos und ein dämlicher Bankangestellter, der dauernd ein’s auf den Schädel und dann auch noch zu hören kriegt: „Jetzt tut mir auch noch die Hand weh von Ihrem dummen Gesicht!“ Muss man mögen, darf man mögen. Die Frage, was Theater denn sein müsse, um noch eine Daseinsberechtigung zuhaben, trifft natürlich insbesondere eine Bühne mit dem bedeutungsaufgeladenen Namen „Volkstheater“: Für wen soll hier was gespielt werden? Zuletzt war man von vermeintlich altbackenem Nestroy-Charme auf eine recht elitäre Hipster-Attitüde umgeschwenkt, die den Anschein hatte, sie wolle vor allem eines: das Abo-Publikum der Generation 60 plus loswerden. Nun zeigt die vierte Premiere der ersten Saison von Direktor Jan Philipp Gloger schlicht gut gemachte, actionreiche Unterhaltung für viele. Vielleicht nicht für Bildungsbürger, die sich eine elegante Vorstellung erwarten. Hier wird’s richtig kindisch.
Der tadellos einstudierte Abend verlangt den Schauspielern viel ab. Das hier ist schweißtreibendes Handwerk. Neben einer Choreografin waren ein Klettertrainer sowie ein Spezialist für Zahnprothesen gefragt. Als Referenzen wurden angegeben: „Mission impossible“, „The fast an the Furious“, Audrey Hepburn und Elvis Presley. Das trifft’s ganz gut. Etwa, wenn Darsteller mit Seilen gesichert senkrecht die Wände hinaufklettern, weil ein Büro von oben gezeigt wird. Oder sich von der Decke in einen Tresorraum herunterlassen, um einen Diamanten zu stehlen und dabei absurde Varianten von „Schlaf, Kindlein, schlaf“, singen, um den dösenden Wärter nicht aufzuwecken.
Die Gefahr, dies könnte allzu billig wirken, umschifft Regisseur Christian Brey mit Perfektion. Derartiger Unfug verlangt Disziplin und Timing, was hier eingelöst wird. Neun Darsteller, zwei Statisten, ein Musiker und 50 wechselnde Rollen: Paula Nocker als Direktorentochter und Trickbetrügerin, Stefan Suske als Polizeichef, Tjark Bernau als Bankdirektor, Maximilian Pulst als Taschendieb oder Bernardo Arias Porras als geprügelter Angestellter: Sie alle müssen viel aushalten in dieser in den USA der 1950er-Jahre angesiedelten Räuber-Geschichte. Die Bühnenbilder (Madelaine Mebs) gleichen Filmkomödien dieser Zeit. Die Wohnung der Bankierstochter erinnert an diese pastellfarbenen Nachmittagsfilme: Winzig, mit vielen rosa Türen und Wandverbauten sowie einem Fenster, wo es offenbar steil hinunter geht. Eine Kulisse, für Stunts perfekt geeignet. Während den einen Lover das Klappbett verschluckt, kommen bei Tür und Fenster andere herein. Wahlweise auch Väter oder als solche verkleidete. Ein bisschen wie „Boeing-Boeing“, nachgespielt von Monty Python. Nobel ist das nicht, aber sehr lustig.