Verträumte Sounds aus Wasser geboren

Verträumte Sounds aus Wasser geboren
Manu Delago, Handpan-Spieler und langjähriger Schlagzeuger von Björk, erzählt, welche Rolle das Thema Umwelt bei seinem Solo-Album „Snow From Yesterday“ spielt.

Zwölf Eisbären haben es in der Geschichte der Menschheit geschafft, auf Eisschollen von ihrer Heimat Grönland aus nach Island zu kommen. Alle zwölf wurden dort erschossen. In Island gibt es keine Eisbären, und man will, dass das so bleibt.

Dieser Tatsache hat Manu Delago auf dem Album „Snow From Yesterday“ den Song „Polar Bear“ gewidmet. „Ich wollte damit aufzeigen, dass es in dem Land, das oft romantisiert wird, auch Sachen gibt, die nicht so schön sind“, erklärt der Tiroler, der seit 14 Jahren Schlagzeuger in der Band der Isländerin Björk ist und bei Tourproben oft dort war. „Andererseits wollte ich damit auf die Bedrohung der Eisbären durch den Klimawandel hinweisen. Anlass war das berühmte Foto, auf dem ein weißer Eisbär in einer schwarzen Landschaft zu sehen ist, weil das Eis weggeschmolzen ist.“

Ruhiges Album

Das Thema Umwelt kommt also auch auf „Snow From Yesterday“ vor, steht aber anders als beim vorigen Konzept-Album nicht im Mittelpunkt. Stattdessen hat sich Delago, der zu den besten Handpan-Spielern der Welt zählt und sich als Solist auf dieses Blechklanginstrument konzentriert, nur von den musikalischen Ideen und dem Wunsch nach einem „ruhigen“ Album leiten lassen.

Entrückt

Sieben der elf Songs, die mit ihren meditativen Klängen zum Träumen einladen, hat er mit dem Vokal-Trio Mad About Lemon geschrieben und aufgenommen. „Mit Mad About Lemon habe ich das erste Mal für ein Konzert im Festspielhaus St. Pölten zusammengearbeitet. Das hat so viel Spaß gemacht, dass wir mehr Songs zusammen geschrieben haben.“

Dabei legt Delago Collagen aus Naturgeräuschen unter die entrückten Stimmen der drei Sängerinnen, begleitet sie andernorts mit der Handpan. Er hat aber auch zwei Instrumentalstücke mit Bläsern auf das Album gepackt. Der Titelsong „Snow From Yesterday“ spielt indirekt wieder auf das Umweltthema an.

„Da beschreibe ich Erinnerung daran, dass es in meiner Kindheit so viel Schnee in Tirol gab, gefühlt und vielleicht auch real so viel mehr als jetzt“, sagt er 39-Jährige, der lange in London gelebt hat, wegen der Geburt seiner Tochter aber wieder nach Tirol zurückgekommen ist. „Außerdem finde ich lustig, dass man zu der Phrase ,Schnee von gestern` im Englischen ,water under the bridge` sagt, dass beides eine Wasser-Metapher ist.“

Kleines Erbe

In zwei Songs geht Delago auch auf seine Familie ein. „Paintings On The Wall“ hat er für seinen verstorbenen Stiefvater, einen Maler, geschrieben und mit Mad About Lemon erstmals bei dessen Begräbnis vorgetragen.

Bei „Little Heritage“ bringt er seinen Großvater und seine Tochter zusammen, die sich nie kennenlernen konnten: „Mein Opa hatte mir vor zehn Jahren eine Zither geschenkt, mit der ich damals das Stück ,Little Heritage’, also ,Kleines Erbe’, geschrieben habe. Das ist seither unveröffentlicht auf meinem Computer rumgelegen. Dann ist mein Großvater kurz vor der Geburt meiner Tochter gestorben. Sie heißt Ottilie, was auch ,Kleines Erbe’ bedeutet. DA war mir klar: Ich muss die Aufnahmen ihrer Stimmen auf diesem Track zusammenbringen.“

Live mit Wasser

Ab 28. Februar ist Delago mit dem neuen Album auf Österreichtour. Das Wasserbecken, das er auf der Tour mit Björk spielte, kommt dabei nicht zum Einsatz: „Ich wollte immer schon live mit Wasser Musik machen. Deshalb habe ich in meiner Badewanne ein Demo-Video gemacht, wie das klingen kann, es Björk vorgespielt, und sie fand das cool. Gemeinsam haben wir das weiterentwickelt. Die ersten Versuche waren noch mit IKEA-Schaffeln. Aber dann hat uns ein Tischler dieses ,Aquarium’ für die ,Cornucopia`-Tour gebaut. Bei Björk habe ich den Luxus, dass es 40 Roadies gibt, die mit den großen Geräten herumfahren. Aber ich alleine könnte nicht mit 200 Liter Wasser im Konzerthaus anrücken. Das ist ja auch ein Sicherheitsrisiko.“

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