Veronica Kaup-Hasler: „Es brennt an vielen Stellen“

Die parteifreie Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler will Strukturen hinterfragen: „Warum nicht eine eigene Kultur-Holding?“
Wiens Kulturstadträtin im Interview über das Volkstheater, die Vereinigte Bühnen Wien und die Idee einer Kultur Holding.

Veronica Kaup-Hasler ist seit Mai 2018 parteifreie Kulturstadträtin von Wien. Sie übernahm von ihrem Vorgänger, Andreas Mailath-Pokorny, zahlreiche Baustellen. Und neue sind hinzugekommen. Den Überblick zu bewahren, ist gar nicht so einfach. Im Interview mit dem KURIER nimmt sie unter anderem zu den folgenden Thjemen Stellung:

Neue Leitung für das Volkstheater ab Herbst 2020:

"Ich glaube, dass es ein wiedererkennbares, schlagkräftiges, über Schauspielerpersönlichkeiten geprägtes Ensemble braucht. Aber dieses Bild, das ich (aufgrund vieler Gespräche, Anm.) gewonnen habe, hat keine Auswirkung auf die Ausschreibung, die wir am 10. Jänner veröffentlichen. Man wird am Text kein bevorzugtes Theatermodell erkennen können."

Neue Leitung für die Kunsthalle:

"In konkrete Inhalte mische ich mich nicht ein. In jedem Fall müssen Vermittlung und die Suche nach Besuchern jenseits des Fachpublikums wesentliche Aufträge sein. Zudem erwarte ich mir ein größeres Interesse an der unglaublich lebendigen Szene in Wien. Erstaunlicherweise zeigt Schafhausen erst in seinem Abschiedsjahr viele heimische Positionen."

Neue Leitung für die Wiener Symphoniker:

"Wir erarbeiten gerade die Ausschreibung. Wir suchen nun keinen Intendanten mehr, sondern einen gut vernetzten Orchestermanager. Denn ich habe vor, die Position des Chefdirigenten zu stärken."

Kulturbetriebe, geparkt in der Wien Holding:

"Man muss sich auch die Frage stellen, welche Kulturbetriebe der Wien Holding stärker bei der Kultur angesiedelt werden könnten. Warum nicht eine eigene Kultur Holding? Aber das ist Zukunftsmusik."

Die Sparte Musical der Vereinigten Bühnen Wien:

"Wir haben in Wien die Besonderheit, dass Musical in alten Häusern gezeigt wird, die ein relativ geringes Publikumsvolumen haben. Eine große Halle wäre ökonomisch weit sinnvoller."

Die Zukunft der Wiener Stadthalle nach dem Bau der geplanten Mehrzweckhalle:

"Kann dort auch Musical gespielt werden? Oder ist es möglich, dort das Architekturzentrum mit all den Modellen unterzubringen? Immerhin wurde die Stadthalle von Roland Rainer errichtet."

Hitler-Balkon am Wiener Rathaus:

"Die Wien Bibliothek hat die Baugeschichte in einer Ausstellung thematisiert. Aber bis zum Bericht im KURIER wussten nur die wenigsten, dass 1938 für Hitler ein Balkon errichtet wurde. Ich spreche mich für eine Kontextualisierung aus."

Anstehende Sanierung von Volkskundemuseum und WUK:

"Ich weiß, dass die Sanierung (des Volkskundemuseums, Anm.) Thema ist. Es brennt an vielen Stellen, doch ich kann nicht alles gleichzeitig machen. Im Moment kümmere ich mich gerade um eine Sanierung des WUKs, die enorme Kosten verursacht."

Dass Entschuldung des Stadtkinos, das unter der Leitung von Claus Philipp (Lebenspartner von Kaup-Hasler) und auch danach mit einem zunehmenden Defizit zu kämpfen hatte, um 410.000 Euro:

"Ich habe in den ersten sechs Monaten meiner Amtszeit notwendige Maßnahmen ergriffen und eine Reihe von Kultureinrichtungen entschuldet, darunter das Konzerthaus. Das Stadtkino war chronisch unterdotiert. 2008, nach dem Rückzug der ehemaligen Zentralsparkasse, hat sich die finanzielle Situation verschärft. Hier hätte man – wie diverse Finanzprüfungen ergaben – viel früher handeln und eine Lösung finden müssen. Ich bin jedenfalls froh, das Stadtkino auf solide Beine gestellt zu haben."

Zukunft der Arthouse-Kinos:

"Ich bekenne mich grundsätzlich zum Kino. Im Zeitalter des Streamings hat das Kino es besonders schwer und ihm kommt als Ort der Vermittlung von visuellem Gedächtnis eine besondere Bedeutung zu. Daher werden die Arthouse-Kinos in Wien von uns in Zukunft etwas mehr gefördert werden."

Ausbau des Wien Museums und des Winterthur-Gebäudes neben der Karlskirche:

"Es gibt noch keine Renderings für die Rückseite, weil einige technische Details noch nicht endgültig entschieden wurden. Sobald die offenen Fragen geklärt sind, wird es auch eine Visualisierung geben. In jedem Fall ist das Bauprojekt jetzt gut aufgesetzt. Und: Ob die Zürich-Versicherung das sogenannte Winterthur-Gebäude neben der Karlskirche überhaupt aufstockt, ist noch völlig offen."

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