Urgestein, versteinert
Im November 2000 brachte die Volksoper eine "lausige Operette" – bzw. ein schräges Musical – des bayerischen Kabarettisten und Liedermachers Georg Ringsgwandl heraus, die der Kabarettist Thomas Maurer für die österreichische Erstaufführung ins Wienerische übertragen hat:
Thomas Gratzer, Chef des Rabenhofs, führte Regie, und Tony Vegas gab in "Die Tankstelle der Verdammten" sein Bühnen-Comeback – als abgehalfterter, aus- wie abgebrannter Rocker Chuck, der immer noch vom Durchbruch träumt. An der Seite des Song-Contest-Veterans, der später in Konkurs ging, agierten u. a. Gregor Seberg, Oliver Baier, Sissy Löwinger und Alexandra Hilverth. Kein schlechtes Team also.
Und nun zeigt der Stadtsaal in der Mariahilfer Straße dieses Singspiel aus dem Jahr 1994: als "Sommertheater" in einer Schmalspur-Version mit Minimalbesetzung. Denn die drei Herren von den Polka Punks (vormals "Das Balaton Combo") treten in mehreren Rollen auch als Schauspieler in Erscheinung. Aber sie können weit besser fetzige Rockmusik machen, als ausdifferenzierte Figuren verkörpern – einmal abgesehen von Schlagzeuger Titus Vadon als nasalierender Vorstadt-Casanova Prittwitz, der Chuck die Braut ausspannen will.
Die Angie gerät aufgrund akuter "Wohnraumunterversorgung" tatsächlich ins Grübeln: Nadja Maleh, stimmlich erstaunlich präzise, brilliert in ihrer Paraderolle als Trutscherl, das dann aber doch nicht so naiv ist, im Prolo-Leoparden-Outfit.
Soubretten-Fee
Zu überzeugen vermag auch Eva Maria Marold: Als grelle Operetten-Soubretten-Fee auf Rollschuhen sorgt sie für Action, Popo-Wackeln, Musical-Feeling. Zudem begeistert sie mit deftigem Dialekt als leidgeprüfte Mutter zweier gescheiterter Existenzen. Der eine heißt Ivo, der andere Chuck. Wilfried Scheutz, Urgestein der Austropop-Szene und mittlerweile versteinert, legt die Rolle des Rockers als Mischung aus Herman Munster und Terminator Teil 9 an: Er steht an der Rampe und krächzt die Songs. Als Schauspieler ist er erbärmlich.
Schade. Denn das Bühnenbild – eine grindige Tankstelle samt Würstelbude mit dem netten Logo "IMÖL" (= im Öl) – wurde mit Liebe aus Autoteilen und Verkehrszeichen zusammengesetzt. Regisseurin Gabi Rothmüller hat sich zudem redlich Mühe gegeben. Aber einen Monster-Stein auf der Bühne: den kann man nicht so leicht herumwälzen.
Kommentare