Uraufführung: "Der Komet" im Akademietheater

Uraufführung: "Der Komet" im Akademietheater
Kreativprozesse am Küchentisch: Roland Schimmelpfennig über das neue Stück und die Arbeit mit seiner Frau Justine del Corte. Premiere ist am 9. September.

Daheim", das darf man sich so vorstellen: "Jeder sitzt in seinem Arbeitszimmer und schreibt und ab und zu treffen wir einander am Küchentisch und lesen uns gegenseitig vor. Genau." Roland Schimmelpfennig lacht. Der zurzeit meistgespielte Gegenwartsdramatiker Deutschlands, ein konsequenter Uraufführer seines Werks, geht fremd.
Mit der eigenen Frau.
Er inszeniert am Akademietheater Justine del Cortes "Der Komet". Das Autoren-/Regie-Paar ist, wie Schimmelpfennig formuliert, seit dem Kennenlernen 1999 "permanent im gemeinsamen kreativen Prozess".

Am "Komet", so Schimmelpfennig, hätte ihn der Grundgedanke angesprochen: "Ist es möglich, sich vorsätzlich glückliche Erinnerungen zu schaffen?" Das nämlich versucht Hauptfigur Elisabeth, indem sie ihr vor zehn Jahren stattgefunden habendes Hochzeitsfest eins zu eins wiederholen will. Im gleichen Freundeskreis, inklusive eines zwischenzeitlich Verstorbenen, zur Rückeroberung des seitenspringenden Ehemanns.

Satyrflöten

"Der Versuch scheitert, aber es entsteht ein dionysisches Fest", sagt Schimmelpfennig, der das Stück "zwischen C-Dur und c-moll" changieren lässt.
Eine Komödie über die Katastrophe, Mensch zu sein.
Ein Schauspiel mit Hirschtänzen und Satyrflöten.
Mit der Erkenntnis, "dass das Leben keinen Reset-Knopf hat, das Theater dagegen genau davon lebt, dass jeden Abend, wenn der Vorhang aufgeht, das Spiel von vorn beginnt." Diesmal spielen unter anderem Sylvie Rohrer, Fabian Krüger, Corinna Kirchhoff, Barbara Petritsch und Martin Schwab . ..

Schimmelpfennig ist an der Burg gern gesehener Gast. Seinen "Goldenen Drachen" hat er am Haus uraufgeführt, vergangene Saison "Das fliegende Kind". Autorenschaft und Regietätigkeit kann er gut verbinden. Sich selber rigoros streichen. Oder streichen lassen.

Ausgedachtes kann ja ausgesprochen auch einmal nicht funktionieren. "Ich glaube an ein mündiges Ensemble. Wenn also ein Schauspieler zu mir sagt: ,Wollen wir die vier Zeilen rausnehmen?", bekomme ich keinen Tobsuchtsanfall."

Vogelgezwitscher

Uraufführung: "Der Komet" im Akademietheater

Bei Del Corte dagegen sieht er jeden Satz weniger als Beraubung der Figur. Als Beschädigung ihres Facettenreichtums. Auch die exakten Regieanweisungen seiner Frau – bis hin zur genauen Beschreibung von Bühnenbekleidung – gilt es für ihn einzuhalten. Er schätzt ihre präzisen Vorstellungen. Von Vogelgezwitscher zum Beispiel, "das mehr über diese Sommernacht aussagt, als eine komplette Kulisse".

Schimmelpfennig, der "Zeitgeist" gern den Schnellschreibern überlässt, brütet derzeit über einem schwierigen Thema: "Das Nationaltheater Tokio hat mich gebeten, ein Stück über Fukushima zu schreiben." Und: Einen halbfertigen Roman hat der Parallelarbeiter in der Lade. "Die ersten 200, 300 Seiten."

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