Unheimlich ruhig
Hören Sie’s? Nein? Genau. Es ist nämlich unheimlich ruhig hier. Ende der Woche ist es schon wieder vorbei mit Wien Modern, und mit dem Finale des Festivals für zeitgenössische Musik wird es wieder bequem in den Konzertsälen. Wien schwelgt den Rest der Saison zwischen Büroschluss und spätem Dinner großteils ungestört im Repertoire.
Es ist aber auch jetzt schon viel zu still. Die zeitgenössische Musik müsste ein kräftiges Lebenszeichen des Heute gegenüber der übermächtigen Geschichte sein. Eine große Opern-Uraufführung, wie zuletzt in München, lässt sich da weniger leicht ignorieren als ein hochkarätiges, aber in seiner Nische vor sich hin abschnurrendes Neue-Musik-Festival. Das macht keine Delle, keine Verwerfung in der öffentlichen Wahrnehmung, das wird höflich akklamiert und dann nicht einmal ignoriert.
Zukunftsweisendes Bekenntnis einer Stadt ist das keines mehr. Gedankenspiel: Welchen Grund wird die Musikstadt Wien in 100 Jahren zum Feiern haben? Dass die Staatsoper 2012 Barock–, also noch ältere Musik spielte? Dass die Sängerknaben einen Konzertsaal bekamen? Man wird wohl nicht feiern, sondern bedauern: Dass niemand – Politiker, Private, Publikum – den Mut aufgebracht hat, das Zeitgenössische (vielleicht sogar den Pop?) mit Vehemenz und Mut zum Markenzeichen dieser Stadt zu machen. Es wird auch künftig unheimlich ruhig sein.
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