... und wieder 14 neue Bücher, kurz vorgestellt
1864 km auf dem Dach der Welt
Laufen auf dem Dach der Welt – solange es noch geht: Der Klimawandel bedroht Nepal, Bergbewohner ziehen in die Städte, rutschende Hänge zerstören diesen Weg: In 87 Tagen über zwölf Pässe in 5000 m Höhe ... 1864 km lief der Münchner Journalist Peter Hinze (und verbrauchte fünf Paar Schuhe). Das Dokument seines 25.000-Euro-Abenteuers hat viel Atmosphäre – mit Fotos, die träumen lassen.
Peter Hinze:
„The Great Himalaya Trail“
Mit 200 Farbfotos!
Knesebeck Verlag.
288 Seiten. 36 Euro.
KURIER-Wertung: ****
Weltwissen in 1000 Zeichen
Dieses Buch nimmt dich an der Hand und geht erklärend 1600 Jahre zurück zu Kaiser Wu, der dem Gelehrten Xingsi den Auftrag gab: Aus genau 1000 Schriftzeichen soll er einen zusammenhängenden Text dichten, der das damalige Wissen der Welt umfasst. Na bumm. Xingsi wurde mit Gold belohnt; und unsereiner staunt und spürt, dass das etwas Großes ist.
Xingsi Zhou:
„Der 1000-Zeichen-Klassiker“
Übersetzt und kommentiert von Eva Lüdi Kong.
Reclam Verlag.
156 Seiten.24,70 Euro.
KURIER-Wertung: ****
Der Teufel beim Meinl am Graben
Der Teufel residiert auf 160 Quadratmeter in der Wiener Innenstadt und kauft beim Meinl am Graben Fleisch für einen feinen Braten. Drei Menschen hat er sich ausgesucht, und heutzutage ist das nicht mehr so, dass er sich einfach nur Seelen holt. Gott ist fort, er hat sich in ein anderes Universum abgesetzt, jetzt muss der Teufel den „Weitblick für das Gute“ haben ... Beachtlicher erster Roman der Grazerin Astrid Schilcher, sowohl thematischinteressant als auch sprachlich.
Astrid Schilcher:
„Mitgefühl mit dem Teufel“
Edition Keiper.
120 Seiten.
18 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern
Cindy wartet auf Journalisten
Genauso ist das bei den Journalisten: Während man über einen Datendieb im Innenministerium berichtet, wartet daheim schon die Cindy vom Escort-Service (und hört derweilen Schubert-Lieder) ... Der erste Krimi der Wienerin Maria Jelenko nimmt ordentlich Fahrt auf. Gratulation. Sehr österreichisch ist er, mit Flüchtlingsproblem, eitlem Innenminister, Korruption, Erpressung und so weiter.
Maria Jelenko:
„Volkszählung“
Verlag echomedia.
300 Seiten.
19,80 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern
Die Entdeckung der Bienentänze
Wie Bienen durch Rund- und Schwänzeltanz miteinander kommunizieren, wie sie einander mitteilen, wo es eine neue Nahrungsquelle gibt und wie viele Meter sie entfernt ist ... das ist genauso interessant wie das Leben Karl von Frischs, der die Bienensprache entdeckt hat. Er forschte während der NS-Zeit, und auch die damit verbundenen Fragen werden von US-Wissenschaftshistorikerin Tania Munz in von Frischs Biografie erörtert.
Tania Munz:
„Der Tanz der Bienen“
Czernin Verlag.
304 Seiten.
27 Euro.
KURIER-Wertung: ****
Sebastian ist neu hier
Das schafft sonst kein Politiker (überhaupt derart schnell schafft das keiner): Romanheld zu werden, so energiegeladen und so ... sympathisch. Na gut, es ist Satire, geschrieben in der Art von Blytons „Fünf Freunde“-Abenteuerbüchern. Sebastian kommt ins Internat am Ballhausplatz, redet bei Prüfungen nichts wissend herum, wie’s nur einer kann, und alles will er verändern. Das ist manchmal sogar lustig, im Buch.
Michael Ziegelwagner:
„Sebastian – Ferien im Kanzleramt“
Illustrationen von Leo Riegel.
Milena Verlag.
170 Seiten. 18 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern
Krimi 1: Zum letzten Mal Hanne Wilhelmsen
Der zehnte und letzte Fall von Kommissarin Hanne Wilhelmsen, seit einer Schießerei im Rollstuhl. Mit ihr hatte Anne Holt, ehemals Norwegens Justizministerin, 1993 ihre Schriftstellerkarriere begonnen. Das Finale mag überdramatisch sein – spannend ist es jedenfalls. Ein Mann saß acht Jahre wegen Mordes an der Ehefrau in Haft. Er muckte nicht auf, aber er war’s nicht.
Anne Holt:
„In Staub und Asche“
Übersetzt von Gabriele Haefs.
Piper Verlag.
KURIER-Wertung: ****
Krimi 2: Verzweiflung hat einen Namen
Vermissungen: Das scheußliche Wort gibt es wirklich. Vermisstenfälle. Serienheld Tabor Süden ist Spezialist dafür. Eigentlich möchte er nach dem Tod eines Kollegen selbst verschwinden. Aber überredet - er sucht einen abgängigen Schriftsteller. Mehr Verzweiflung als Roman; und etwas zu das Prädikat „wertvoll“ anstrebend. Friedrich Ani ist ein Suhrkamp-Autor. Ist er ja völlig zu Recht.
Friedrich Ani:
„Der Narr und seine Maschine“
Suhrkamp Verlag.
143 Seiten.
18,50 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern
Krimi 3: Viel Kaffee und ein Haus mit Leichen
Der erste Roman, „Totenweg“, aus Hamburg und Umgebung war ein Überraschungserfolg. Deshalb kommt jetzt „Bluthaus“. Es wird viel über Kaffee geredet. Mit Zucker? Gehen wir auf einen Kaffee? Aber es gibt auch ein Haus an der Ostsee mit Ermordeten. Und die verschwundene Freundin der Polizistin, die nicht Obstbäuerin werden will und außerdem den Nachbarn nicht heiraten mag.
Romy Fölck:
„Bluthaus“
Lübbe Verlag.
320 Seiten.
20,60 Euro.
KURIER-Wertung. *** und ein halber Stern
Krimi 4: Duell mit dem IS-Strategen
Manches lernt man erst spät kennen; und freut sich dann umso mehr über den Agenten Gabriel Allon vom israelischen Geheimdienst. In „Der Drahtzieher“ ist er zum Mossad-Chef aufgestiegen und duelliert sich nach Anschlägen in London mit dem IS-Strategen. Der amerikanische Schriftsteller Daniel Silva war CNN-Topjournalist. Man könnte meinen, der Roman berichte Tatsachen.
Daniel Silva:
„Der Drahtzieher“
Übersetzt von Wulf Bergner.
Harper Collins.
528 Seiten. 17,50 Euro.
KURIER-Wertung: ****
Krimi 5: Morast vor die Füße gelegt
"Ich bin’s, dein Sohn.“ Der Anruf – ein Schock. Theres war Schülerin, als sie von einem Schulkollegen schwanger wurde. Ihre Eltern erlaubten damals nicht, das Baby zu behalten. Wie wird sie es Theres jetzt ihrem Ehemann und der Tochter sagen? Es wird ein Verbrechen geben. Aber vor allem ist das ein sehr starkes Porträt einer Frau, der man im Leben zu Füßen nur Morast gelegt hat. Anne Goldmann ist Wienerin und ausgebildete Sozialarbeiterin. Sie hat etwas erlebt und etwas zu sagen.
Anne Goldmann:
„Das größere Verbrechen“
Reihe Ariadne im Argument Verlag.
250 Seiten.
13,40 Euro.
KURIER-Wertung: ****
Krimi 6: In der Hauptstadt der Zauberei
Unter seinem Namen schreibt der Ire John Banville Kunstwerke (Booker Prize, Österreichischer Staatspreis für Europäische Literatur), unter dem Pseudonym Benjamin Black entstanden Kriminalromane in der alten Art Hammett/Chandler. „Alchimie einer Mordnacht“ ist ein Zwischending. Historisch mit einer Toten in Prag – 1599, als hier die Hauptstadt der Magie war. Faszinierender ist die Beschfreibung des intriganten Hofes des Habsburgers Rudolf II.
Benjamin Black (= John Banville):
„Alchimie einer Mordnacht“
Übersetzt von Elke Link.
Verlag Kiepenheuer & Witsch.
384 Seiten. 20,60 Euro.
KURIER-Wertung: ****
Beutelratten sind lyrische Tiere
Bei Schundheften denkt man eher nicht an Gedichte, – wenn Gerhard Ruiss dichtet, geht das. (Augenzwinkern.) In „Schundlyrik“ werden Staubsauger und Beutelratten gereimt, man bekommt Hausgrausen (und ist schnell „heraußen“), und Jungvögel beherzigen nicht keep cool, sondern fiep full. Lyrik macht Spaß. Grau muss nicht aller Tage Anfang sein.
Gerhard Ruiss:
„Schundlyrik“
Schundheft Nr. 22 der
unartproduktion, Dornbirn.
76 Seiten. 5 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern
Als Rilke seinen Schnupfen liebte
Der deutsche Journalist und Kunsthistoriker Florian Illies - mittlerweile Verleger bei Rowohlt - trägt nach, was in seinem Bestseller übers Jahr 1913 fehlt. Zum Beispiel musste offensichtlich festgehalten werden: Der ungarische Schriftsteller Géza Csáth bilanzierte, er habe „täglich 1,268 Koitus“ gehabt. Und Rilke war verliebt, nämlich in seinen Schnupfen. Und Freud hatte Angst vor der Begegnung mit Widersacher C.G.Jung. Nicht, dass man es unbedingt wissen muss. Aber: So geht der nächste Bestseller.
Florian Illies:
„1913 – Was ich unbedingt
noch erzählen wollte“
Verlag S. Fischer.
304 Seiten. 20,60 Euro.
KURIER-Wertung: ****
Kommentare