"Überall Ausländer" lautet das Motto der Kunstbiennale Venedig 2024

"Überall Ausländer" lautet das Motto der Kunstbiennale Venedig 2024
Kurator Adriano Pedrosa will den Fokus auf Kunst legen, die von der Erfahrung der Fremdheit geprägt ist

Jeder Mensch ist ein Ausländer, fast überall. Und auch Brasilien, das Herkunftsland des Kurators Adriano Pedrosa, war lange an der Peripherie des westlichen Kunstbusiness angesiedelt. Es war gewissermaßen abzusehen, dass der Kunstexperte, der als erster Lateinamerikaner in den prestigeträchtigen Posten des zentralen Impulsgebers für die Kunstwelt berufen wurde, diesen Umstand in seinem Programm ansprechen würde.

➤ Mehr lesen: Brasilianer Adriano Pedrosa kuratiert Kunstbiennale 2024

"Stranieri Ovunque - Foreigners Everywhere" lautet also das offizielle Motto der Kunstbiennale 2024, das am Donnerstag präsentiert wurde. Das Event selbst wird von 20. April bis 24. November 2024 über die Bühne gehen, die Preview-Tage für professionelle Kunstwelt-Akteure sind von 17. - 19. April angesetzt. Das Motto zitiert ein Werk des Kollektivs Claire Fontaine, in dem die Phrase "Foreigners Everywhere", übersetzt in verschiedenen Sprachen, als Neon-Schriftzug leuchtet. 

In der gegenwärtigen Welt multipler Krisen habe die Phrase "Foreigners Everywhere" eine zweifache Bedeutung, schreibt Pedrosa in einem Konzeptpapier, das primär die zentrale Internationale Ausstellung der Biennale anleiten soll, aber auch als Vorlage für einzelne Länderbeiträge des globaeln Kunst-Events dienen kann. "Wo immer du hingehst, wo immer du bist - du wirst immer Ausländer treffen. Und zweitens, wo auch immer du bist, du bist in deinem tiefsten Inneren immer selbst auch ein Ausländer."

In seiner Ausstellung will Pedrosa demnach die Kunstproduktion in den Mittelpunkt rücken, die mit dem Begriff des Fremden in Beziehung stehen: Jene von Angehörigen der Queeren Community (die bekanntlich ein weites Spektrum an Geschlechterdefinitionen umfasst), So genannte "Outsider Artists", die außerhalb des etablierten Kunstbetriebs arbeiten, und Indigene, die oft "als Ausländer im eigenen Land" behandelt würden. Auch Gemeinschaften der Diaspora, also die kreative Arbeit von Menschen, die außerhalb ihrer Herkunftsländer in alle Welt verteilt sind, isdt ein Fokus der Schau.

Wioe bereits Cecilia Alemani, die die Biennale 2022 kuratierte, will Pedrosa auch einen musealen, rückwärts blickenden Aspekt in seine Schau einbringen. Ein "Nucleo storico" (historischer Kern) soll innerhalb der Schau speziell auf die italienische Diaspora und ihren Beitrag zur Kunstgeschichte schauen.

Zusätzlich zur "internationalen Ausstellung" besteht die Venedig-Biennale wie immer aus Beiträgen einzelner Länder, den so genannten Nationalen Pavillons. Österreich wird dabei von der Künstlerin Anna Jermolaewa vertreten. Die aus St. Petersburg gebürtige Künstlerin, die als Dissidentin nach Österreich flüchten musste, verarbeitet die Fremdheit in vielen ihrer Arbeiten und scheint perfekt in den von Pedrosa nun vorgegebenen Rahmen zu passen.

Kommentare