Über Patriotismus lässt sich streiten

Heftige Diskussionen: In Russland über "Leviathan", in den USA über "American Sniper".

Patriotismus ist, das zeigen viele aktuelle Diskussionen von den Hymnen-Töchtern bis zu den selbst ernannten Rettern des Abendlandes, besonders schwierig zu dosieren. Das galt nicht nur zu Zeiten des Kalten Krieges (siehe oben). Sondern das erleben hoch aktuell Hollywood und die russische Filmbranche, und zwar in aller Schärfe. Zwei Filme haben heftig geführte Patriotismusdebatten ausgelöst – interessanterweise von gegenteiligem Startpunkt aus.

Russland diskutiert darüber, ob der russische Oscar-Beitrag "Leviathan" zu wenig patriotisch ist.

Und in den USA wird gestritten, ob Clint Eastwoods "American Sniper" nicht doch zu patriotisch ist.

Es geht, in den USA, um Helden-Bilder vom Krieg und, in Russland, um wenig heldenhafte Bilder vom korrupten Alltag. Regisseur Andrej Swjaginzew ziehe mit "Leviathan" sein Land in den Dreck, werfen ihm seine Kritiker vor. Swjaginzew erzählt die tragische Geschichte einer Familie, die in einem Konflikt mit einem korrupten Bürgermeister alles verliert.

Hilflosigkeit

Schonungsloser hat selten jemand den von vielen Russen so empfundenen Alltag himmelschreiender Ungerechtigkeit und die Hilflosigkeit der Bürger dargestellt.

Dem russischen Kulturminister Wladimir Medinski geht das entschieden zu weit. Auch der prominente St. Petersburger Kommunalpolitiker Witali Milonow wirft Swjaginzew vor, ein "russenfeindliches Machwerk" produziert zu haben. Die russisch-orthodoxe Kirche, die im Film auch nicht gut wegkommt, fordert, dass der Regisseur die Filmförderung zurückzahlen soll.

Angestachelt wurde der Streit dadurch, dass "Leviathan" bei den Golden Globes als bester ausländischer Film ausgezeichnet wurde. In dieser Kategorie ist der Film auch für einen Oscar nominiert.

Auch "American Sniper" (ab 27. Februar in den österreichischen Kinos) ist höchst erfolgreich: Sechsfach Oscar-nominiert, spielte der Film bisher 200 Millionen Dollar ein. Und ist damit der lukrativste jemals im Winter gestartete Film und ein Triumph für Regisseur Clint Eastwood. Aber das heldenhaft gezeichnete Bild des US-Scharfschützen Chris Kyle stößt vielen sauer auf.

"Scharfschützen sind keine Helden", kritisierte der Filmemacher Michael Moore. Seth Rogen, der mit der Nordkoreasatire "The Interview" selbst für viel politische Aufregung sorgte, fühlte sich gar an einen Nazi-Film erinnert. Und musste prompt nach wütender Diskussion auf Twitter zurückrudern.

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