Michaela Moritz, Udo Jürgens’ letzte Lebensgefährtin, hat „Spiel des Lebens“ beendet. Mit ihr gemeinsam war auch die Autobiografie „Der Mann mit dem Fagott“ entstanden, und man kann sich die Zusammenarbeit so vorstellen:
Jürgens gab den Texten die Melodie, die einzelnen Teile und der Refrain entstanden nach seiner Vorgabe.
„Spiel des Lebens“ (224 Seiten, 20,60 Euro) erscheint heute, Mittwoch.
Vielleicht könnte man die sechs Erzählungen auch singen. „Zeig mir den Platz an der Sonne“ trifft’s fast immer.
„Ich war zwar in Las Vegas, aber hatte kein Geld“ klingt nicht so gut.
„So ist das Leben / der eine kommt nach Paris / der andere nach Schruns-Tschagguns / Jaja, das Leben spielt mit uns.“
Das trifft es großartig, ist allerdings ein Lied von Josef Hader, und bei Udo Jürgens fehlt die Ironie völlig. Warm werden soll einem beim Lesen. Sentimental werden ist durchaus erwünscht. Liebe zählt, Freundschaft zählt.
Schon in der ersten Geschichte ist das so, wenn der junge Udo Jürgens mit vier Freunden Ende der 1950er Jahre in Amerika ist und im Auto schläft, nicht einmal einen Schlafsack konnte er sich leisten.
Als er erfährt, dass sein Idol Sammy Davis jr. im Sands in Las Vegas auftritt, überreichen ihm die Reisebegleiter ihren Notgroschen, fünf Dollar. Im Casino versucht Udo Jürgens an einem Automaten, zehn Dollar daraus zu machen – den Eintrittspreis fürs Konzert.
Es klappt nicht.
Aber 1989 trat Sammy Davis jr. in München auf, Udo Jürgens saß im Publikum, und der Amerikaner sang Jürgens’ Lied „If I Never Sing another Song“ ... Jetzt, im Buch, erfahren wir, dass „dieser Moment für immer zu den größten im Spiel meines Lebens zählen wird.“
Das wollte er mitteilen. Damit wollte er berühren.
Und von der Freundschaft eines Malers – seines Bruders? – zu einem Berliner Kellner wollte er erzählen: Einer wird berühmt und kommt nach Paris, der andere bleibt ein Leben lang in einer Bar in der Kantstraße, aber er ist glücklich und zufrieden, und für die Rente hat er sich einen armen Hund aus dem Tierheim geholt, den Lucky. Übersetzt heißt das: In Schruns-Tschagguns ist’s auch recht nett.
Und dann sind im Buch noch Fundstücke aus Zeitungen, die Udo Jürgens und Michaela Moritz ausstaffiert haben, zum Beispiel der indische Fabriksarbeiter: Er näht Hosen und schafft es kaum, seine Familie zu ernähren. Brille und Bleistifte für seine drei Töchter kann er sich nicht leisten.
Dann wird er befördert: Er soll die Hosen „veredeln“ = kaputt machen – er soll sie zerreißen und den Stoff schmirgeln, er soll Löcher bohren, denn für solche Jeans zahlen die Leute in Europa doppelt so viel. Der Inder will wissen, warum das so ist und steckt einen Brief mit der Frage in eine Hosentasche.
So entsteht eine Freundschaft mit einem deutschen Unternehmer, und der zahlt für Brille, Bleistifte und mehr.
„Denn immer, immer wieder geht die Sone auf / Denn Dunkelheit für immer gibt es nicht.“
Na ja.
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