U2 durchbrechen die "vierte Wand"

Mit einer spektakulärer Show und nach wie vor glaubwürdig starteten U2 ihre Europa-Tour.

Seit den späten 70er Jahren versuchen wir, die vierte Wand zu durchbrechen“, sagt U2-Sänger Bono. „Wir wollen zeigen, dass es keine Trennlinie zwischen Band und Publikum gibt.“ Bei der „iNNOCENCE + eXPERIENCE“-Tour anno 2015 macht das irische Quartett, das mit einer 30 Meter langen und sieben Meter hohen LED-Wand. Paradox? Nein, gar nicht!

Dass das funktioniert, zeigten Bono und seine Freunde Freitagabend beim Start der Europa-Tour in der Pala-Alpitur-Halle in Turin. Denn das innovative Bühnedesign gibt wirklich jedem im Stehparkett die Chance, den Musikern auf ein paar Meter nahe zu kommen. Unter der an der Decke hängenden LED-Wand verläuft nämlich ein Laufsteg quer durch die ganze Länge der Halle. Und der wir von U2 genauso häufig frequentiert wie die beiden Bühnen an seinen Enden. Er wird zur zentralen Bühne mit doppelt so viel Breite - sowohl links als auch rechts. Massenhaft Platz also für die Fans, ganz vorne zu stehen.

Aber das alleine muss - und kann - noch kein tolles Konzerterlebnis garantieren. Das machen U2 in Turin mit Hits wie „Where The Streets Have No Name“, „Sunday Bloody Sunday“ oder „One“. Mit Spielfreude und Ausdauer (die Show dauert fast zweieinhalb Stunden). Aber vor allem mit Bonos Charisma. Wenn er im Hinblick auf die Flüchtlingskrise über die Notwendigkeit spricht, einander mit Liebe zu begegnen, und dann „Pride“ anstimmt, ist er genauso glaubwürdig wie berührend. Man spürt, dass er nach wie vor jedes Wort meint, das er singt – auch wenn er das schon tausende Male getan hat.

Elegant und clever

Dazu gibt es spektakuläre Showeffekte. Etwa wenn Bono bei „Cedarwood Road“ erstmals in die bis abgesenkte LED-Wand steigt und durch raffinierte Beleuchtung hinter den Projektionen sichtbar bleibt. Später spielt Gitarrist The Edge dort ein solo. Und irgendwann ist die ganze Band drinnen - Larry Mullen sogar mit seinem kompletten Drumset.

Ja, es ist einmal mehr eine Materialschlacht, die U2 in den nächsten Monaten in Europa zeigen werden. Aber einmal mehr ist das Spektakel elegant und clever, kein Zirkus sondern optische Verstärkung der Musik. Und einmal mehr füllen U2 all das mit Herz und Seele.

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