TV: See- über Kriegsrecht bei "Laconia"

TV: See- über Kriegsrecht bei "Laconia"
Jenseits von Gut und Böse: In "Laconia" zeigt Regisseur Uwe Janson, wie Menschenwürde den Krieg besiegt.

Er hat auf den ersten Blick ähnliche Projekte schon abgelehnt: Das Fernsehspektakel "Hindenburg", einen Rommel-Film mit Ulrich Tukur. Er will nichts machen, das sich im "Rahmen des deutschen Revanchismus" bewegt.
"Laconia" ist anders.
Obwohl Zweiter Weltkrieg.

"Aber", sagt Regisseur Uwe Janson, "ich hab' versucht, einen tieferen Blick auf die Frage nach Gut und Böse zu werfen. Auf das, was die Seele konditioniert: Respekt, Mut Ehre, Menschenwürde."

Die Geschichte: Am 12. September 1942 wurde der britische Kreuzfahrtdampfer/Truppentransporter Laconia vom deutschen U-Boot 156 versenkt. Zur Bestürzung der Mannschaft befanden sich auch 366 zivile Passagiere, darunter Frauen und Kinder, und 1800 italienische Kriegsgefangene der Engländer an Bord.

Zum (aus Nazi-Sicht Anti-) Helden der Stunde wurde Kapitän Werner Hartenstein: "Er stellte sofort Seerecht über Kriegsrecht, ließ das U-Boot auftauchen und barg die Menschen aus dem Wasser", so Janson. "Ein Militär, der im Instinkt zu helfen seine Menschlichkeit wiederfand. Hartenstein hat's einfach angepackt. Diese Zivilcourage ist der zentrale Punkt meiner Arbeit: Wir brauchen Menschen, die handeln, nicht reden."

Gemeinsam mit der BBC

TV: See- über Kriegsrecht bei "Laconia"

Die teamWorx-Produktion entstand gemeinsam mit der BBC. Deren legendärer Drehbuchautor Alan Bleasdale kehrte für das Projekt nach elf Jahren TV-Absenz an den Schreibtisch zurück. "Alan hatte Berge an Dokumaterial", erzählt Janson. "Er hat die letzten lebenden Zeitzeugen in London interviewt und das Tagebuch des deutschen Funkers Fiedler gelesen."

Die Namen zweier anderer Matrosen, darunter der von Matthias Koeberlin gespielte Ingenieur "Rostau", mussten nach dem Willen der Erben geändert werden. Janson: "Der war halt sehr von der Ideologie des Dritten Reichs indoktriniert."

Der Regisseur, bekannt durch seine Theaterfilme wie "Lulu" oder "Peer Gynt" und derzeit schon mit Schillers "Die Räuber" (mit Alan Rickman als altem Moor) beschäftigt, sieht seine "Laconia" als Narrenschiff. Im mittelalterlichen Sinne eines Sebastian Brant und im gesellschaftskrititischen à la Katherine Anne Porter . Beide Bücher sind ihm Vorbild.

Und Antikriegsfilme, die ganz Großen. "The Deer Hunter", nennt er, "das wäre mein Bedürfnis, ohne diese Fahne eitel auszustellen."

Hollywoodformat hatte jedenfalls die "Laconia"-Logistik. Fünf verschiedene Boote wurden angefertigt, lagen im Studio, in einem Pool oder auf hoher See vor Kapstadt vor Anker. "Manchmal", schmunzelt Janson, "war ich mir nicht mehr ganz sicher, auf welchem Set ich gerade stehe." Und er lacht: "Wir hatten in der Crew viele Seekranke, aber keine Verletzten."

Letal geht das Ganze trotzdem aus: Ein US-Flieger warf am 16. September trotz Rot-Kreuz-Flagge Bomben auf die Geretteten. Nur eine Handvoll Leute überlebte.

Vorausgesehen

Nach kurzer Einleitung geht's zur Sache! Torpedo los - volle Kraft voraus!
Das ist eines der Komplimente, das man Uwe Janson für seine Arbeit machen muss: Er ist der symptomatischen Zweiteiler-Krankheit, nach der sich in Teil eins vor allem Langeweile entwickelt, entkommen.

"Laconia" ist ein gelungener Mix aus "Das Boot" und "Titanic". Mit Einzelschicksalen zum Mitleiden, mit Militärs mit Zivilcourage und very british en Briten.

Hervorragend die Besetzung: Franka Potente als vor der Gestapo geflohene Widerstandskämpferin, die sich auf einem englischen Schiff in Sicherheit glaubt - um wieder in die Hände der Deutschen zu fallen; Ken Duken als Kapitän Hartenstein; Frederick Lau als Funker Fiedler; Thomas Kretschmann als Admiral Dönitz - später in Nürnberg (auch wegen seines "Laconia-Befehls", der weitere Rettungsversuche verbot) einer der Hauptangeklagten.

In Großbritannien war "Laconia" für den renommierten Film- und TV-Preis BAFTA nominiert. Zu Recht.

INFO: Laconia 2. & 3. 11., 20.15, ORF2 D/GB, 2011. Von Uwe Janson; mit Franka Potente, Ken Duken, Thomas Kretschmann, Brian Cox.

KURIER-Wertung: **** von *****

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