TV-Legende Schanze: Im Schlager gibt es "nicht mehr nur Liebe und Triebe"

TV-Legende Schanze: Im Schlager gibt es "nicht mehr nur Liebe und Triebe"
Ein Allround-Profi.TV-Legende Michael Schanze über Schlager, Fernsehen und „Heidi“, sein Musical-Projekt

TV-Star in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren: Ob Moderator und Entertainer („Hätten Sie heut’ Zeit für mich?“, „Flitterabend“, Kinder-Quiz „1, 2 oder 3“ und „Kinderquatsch mit Michael“), Sänger („Ich hab dich lieb“, „Olé España“) oder Schauspieler („Anatevka“, „Othello darf nicht platzen“, „Kiss me, Kate“) – Michael Schanze ist ein Multitalent.

Optisch hat sich der Sonnyboy von einst stark verändert und witzelt im KURIER-Gespräch: „Der andere, der sehr stark zugenommen hat, als er Weltstar wurde, ist Marlon Brando.“

Nach seinem bewussten Ausstieg aus der Fernsehwelt vor der Jahrtausendwende stand der gebürtige Bayer u. a. als Tevje in „Anatevka“, als Käpt’n Andy im Musical „Showboat“, als Dorfrichter im „Zerbrochenen Krug“ und als einer der „Drei Männer im Schnee“ auf der Bühne.

Nach dem Musical „Scrooge – Eine Weihnachtsgeschichte“ nach Charles Dickens, das von 22. bis 30. Dezember im MuseumsQuartier, Halle E, gastieren wird, hat der 71-Jährige die Bühnenversion von „Heidi“ komponiert.

KURIER: Was fasziniert Sie an „Heidi“?

Michael Schanze: Der Stoff hat jede Menge Gefühl. Und die Heidi ist so eine Sonne, die alle mit ihrer Offenherzigkeit anstrahlt.

Vanessa Zips bekam die Titelrolle – eine sehr mädchenhafte junge Frau.

Ja. Wir hatten ein Riesen-Casting mit mehr als 100 Bewerberinnen. Es waren ein paar vielversprechende dabei. Aber das Bessere ist des Guten Feind. Die Vanessa hat beim Vorsingen alle in den Schatten gestellt. Sie hat Ausstrahlung und eine tolle Stimme. Außerdem hat sie seit ihrem 7. Lebensjahr Bühnenerfahrung. Also die kennt das Geschäft. „Heidi“ ist schließlich keine Amateurveranstaltung, bei der man einmal ein niedliches Mädchen präsentieren kann. Heidi muss Schweres spielen und singen.

Was hat Sie selber musikalisch geprägt?

Alle meine Freunde spielten in meiner Jugend Little Richards Schlachtruf awop-bop-a-loo-mop-alop-bam-boom – tutti frutti. In meinem Elternhaus lief durch meine Mutter das Gleiche, aber von Pat Boone.

Also Rock ’n’ Roll, aber soft, mit Weichspüler sozusagen.

Genau. Und ich erinnere mich noch an eine Bildunterschrift: „Pat Boone: Küsst keine Frau – aus religiösen Gründen.“ Das fand ich großartig. Später kam Harry Belafonte. Und dass Rock ’n’ Roll ein Lebensgefühl war, habe ich erst etwas später geschnallt.

Frage an Sie als den früheren Schlagersänger: Wie geht’s denn dem deutschen Schlager heute?

Mir scheint, es geht ihm besser. Was ich da höre, ist nicht mehr nur Liebe und Triebe. Ich habe das Gefühl, da hat sich etwas getan, auch deshalb weil es mehr Sendungen als früher gibt, wo die Leute live singen müssen. Das sind so Formate, die wären früher kaum denkbar gewesen. Es ist moderner geworden.

Und was schauen Sie sich heutzutage im Fernsehen an?

Wenig. Früher habe ich Sokrates nicht verstanden, der sagte: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Heute weiß ich, dass ich nichts weiß. Ich bin nachts bei Dokus auf Phoenix oder Alpha und Stammgast bei Professor Lesch. Außer Sport interessieren mich auch Sendungen, in denen Menschen in viel zu bunten Sakkos Reiserouten erklären.

Keine TV-Unterhaltung?

Die ist irgendwie nicht mehr so mein Ding. Ich mache mich nicht lustig darüber, ich bin auch nicht larmoyant, dass ich einmal so eine andere Zeit hatte. Die war gut damals, aber 1999 habe ich eben eine Entscheidung für mich getroffen, die Richtung Theater ging. Außer mein Banker hat es niemand bereut.

Und Sie sind beim Musical gelandet, über das gern gestänkert wird.

Wer das Showgeschäft erlernt hat, landet beim Musical. Ich hatte immer das Gefühl, dass das Genre in Wien viel mehr Wertschätzung erfährt als in Deutschland, wo ich nichts Negatives oder Naserümpfendes über Musicals höre. In Berlin wollen sie den Admiralspalast jetzt als neues Musical-Mekka aktivieren.

Wie legen Sie „Heidi“ an?

Wir fangen wirklich mit einem Schnaderhüpfl an. Die Ankunft Heidis in den Bergen spiegelt sich auch in der Musik wider, ehe Alfons Haider als bauernschlauer Bürgermeister auftritt. Alles Schuhplattlerische muss den Humor und das Artistische bedienen, damit sich kein Stadl-Feeling und kein Emmentaler Bauernidyll breitmacht. Das ist ein Tanz auf der Rasierklinge. Ich hoffe, das gelingt. Die Musik ist zum Teil richtig anspruchsvoll. Uwe Kröger hat ein granatenmäßig schweres Stück zu singen.

Und den Schluss-Song, sagen Gerüchte, werden alle noch beim Heimgehen singen.

Warten wir’s ab. Er ist jedenfalls saufrech und geht den Leuten – wie der Ohrwurm „Aux Champs Elysee“ – hoffentlich ins Ohr und nicht mehr raus. Der Song heißt „Auf das Leben und die Freundschaft“. Ich werf’ da nicht mit Honig, aber das könnte schon ein ganz besonderer Moment werden.

Der Komponist Sylvester Levay, der u. a. das Musical „Elisabeth“ geschrieben hat, soll einmal gesagt haben: Ich weiß gar nicht, wo ich noch von mir selbst stehlen kann.

Man dreht sich tatsächlich im Kreis, aber das heißt nicht, dass der Kreis nicht auch größer werden darf.

Werden Sie bei der Premiere dabei sein. Halten Sie denn die Spannung aus?

Ja, da kenn ich nix. Da geh ich rein. Das wird ja bei „Heidi“ ganz anders als bei „The Producers“. Die Leute werden jubeln. Und das MuseumsQuartier wird nach „Heidi“ und „Scrooge“ auf Michael’s Corner umgetauft.

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