Turrini in der Josefstadt: Annäherung an eine derangierte Psyche

Sandra Cervik als Hedy Lamarr in Peter Turrinis "Sieben Sekunden Ewigkeit"
Uraufführung von Peter Turrinis "Sieben Sekunden Ewigkeit" in der Josefstadt.

Ihr Ruhm beruht auf ihrer Schönheit, der ersten Nacktszene der Filmgeschichte in "Symphonie der Liebe" (1933), besser bekannt unter dem Titel "Ekstase", und der Rolle in "Casablanca", die sie nicht gespielt hat, sondern Ingrid Bergman.

An Hedy Lamarr (1914 – 2000), die eigentlich Hedwig Kiesler hieß, schrieben sich schon viele die Finger wund. An der Wienerin in Hollywood, die sechs Mal verheiratet war. Am auch in der Waffentechnologie engagierten Vamp, der sich ein Prinzip zur Fernsteuerung von Torpedos patentieren ließ.

Der Mythos lebt. Oder zumindest die Faszination.

Auch für Peter Turrini: "Sieben Sekunden Ewigkeit" spürt dem Wesen einer Frau nach, die schön und intelligent war, aber vor allem einsam und verzweifelt.

"Ein Spiel", uraufgeführt am Donnerstag im Theater in der Josefstadt, ist über weite Strecken der Monolog einer Alkoholikerin, als gelte es zu beweisen: Man kann sich seine eigene Biografie nicht schönsaufen.

Die Lamarr hatte kein geglücktes Leben. Kein Glück mit den Männern im Leben, aber auch nicht nach dem Tod. Denn Turrinis Text lässt wenig Sympathie mit ihr erkennen: eine mit allem und jedem hadernde und sudernde Alte, die mehr nervt als Mitgefühl erzeugt. Sein Filmstar von vorgestern ist ein betrunkenes Wrack. Voll Weltschmerz, Selbstmitleid und quälender Erinnerungen. Nicht einmal tragikomisch. Das drückt die Zuseher lange schwer in die Sessel.

Anders als zuletzt die Hommage an Billie Holiday, "Blue Moon", oder seinerzeit Terrence McNallys Komödie "Meisterklasse" über den Mythos Maria Callas.

Dass "Sieben Sekunden Ewigkeit" nicht zu 90 Minuten gefühlter Ewigkeit werden, ist zum einen Stephanie Mohrs präziser Regie zu verdanken, die das Derbe, die Tragik und die Poesie fein ausbalanciert. Zum anderen Sandra Cervik und ihrer fulminanten und beklemmenden schauspielerischen Leistung.

Sie ist bei der One-Woman-Performance gefangen in der Kälte der Einsamkeit, erbärmlich, alt, sterbend. Sie ist großartig als abgetakelte Sexbombe. Auf der mit Schaufensterpuppen dekorierten Bühne wird ihr, die sich als Kind gern fortgeträumt hat, die schiefe Ebene mit rotem Teppich zum Boulevard of broken dreams.

Skandal

Ein Star erlebt sein Leben im Rückblick als Zumutung, als Demütigung, als Skandal. Lamentiert über "Hollywood aus der Scheißperspektive".

Die Cervik als Lamarr zieht sich um und aus, wechselt Perücken und Kleider, aber verwandelt sich nicht im Monodrama, in dem es heißt: Es ist kein Glück, die schönste Frau der Welt zu sein, wenn man schon mit zwölf Jahren gestorben ist. Und obendrein gescheitert an ihrer größten Erfindung: der ewigen Jugend, der "Unsterblichkeit der weiblichen Schönheit".

Der augenzwinkernd pointierte Schluss bringt nach einem nicht wirklich logischen Flashback auf ein Pogrom anno 1912 am Ende die ersehnte Erleichterung – und herzlichen Applaus.

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