Aber von der angeblich unbeschuhten Lunacek, die laut der Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler „bisher nichts mit Kultur zu tun hatte“, verlangt man im gemischten Chor „Planungssicherheit“ – und den Freibrief, endlich wieder vor Publikum spielen zu dürfen.
Triefend vor Selbstmitleid stellte Altkabarettist Lukas Resetarits in einem Video fest, dass die „Niederkultur“-Künstler wohl „wie Gift“ seien: „Wir spucken, hat der finstere Mond (= Lunacek, Anm.) gesagt, wir spucken unser Publikum an, wir spucken auf unser Publikum ...“
Sogar der Blasmusikverband führte Klage: „Seit zwei Monaten herrscht absoluter Stillstand – keine Proben, keine Vereinstätigkeit und keine Konzerte.“ Fehlende Perspektiven seien „auch für die Musikkapellen ein sehr unbefriedigender Zustand“, es bedürfe „klarer Vorgaben und eines realistischen Maßnahmenplans“.
Bekanntlich waren aber in Österreich drei Chorproben höchst effektive Coronapartys. Und Wissenschafter der Charité in Berlin haben nun die Bedingungen für den Spielbetrieb von Orchestern definiert (ungeachtet der Auswirkungen für den Besucher). Die Empfehlung: Bei den Streichern sollen die Sesseln 1,5 Meter voneinander entfernt stehen, für die Bläser werden gar zwei Meter empfohlen. Die Blechbläser, die gerne safteln, sollen zudem mit einem Plexiglasschutz abgeschirmt werden.
Für einen echten Wagner bräuchte man dann wohl einen doppelt so großen Orchestergraben. Und die Blasmusikkapellen müssten aufmarschieren wie die Polizeieinheiten mit ihren Anti-Demo-Schutzschildern.
Alles eher unerquicklich. Und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel machte am Samstag auch keine großen Hoffnungen: Es würden zwar nun Konzepte entwickelt werden, wie mit Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen auch Theater, Konzerthäuser, Opern und andere Kulturstätten wieder öffnen könnten; für Konzerte und Festivals werde es jedoch noch schwer bleiben.
In Deutschland ist es also nicht viel anders als bei uns. Einen Unterschied gibt es allerdings doch: Dort schenkt die Kanzlerin höchstpersönlich den reinen Wein ein.
Kunsthalle Wien
Es gibt aber auch Kulturpolitik jenseits der Coronakrise. Fritz Aichinger, Kultursprecher der Wiener ÖVP, brachte im Februar eine Anfrage zur Kunsthalle ein, die seit dem Sommer 2019 vom Kollektiv WHW geleitet wird. Die Zeit von Nicolaus Schafhausen bezeichnet er vornehm als „eher glücklos“. Denn er konstatierte bei den Kennzahlen (Besucher, Erlöse, Sponsoringeinnahmen) einen klaren „Abwärtstrend“; einzig die Subvention wurde von 3,85 Millionen Euro (2018) auf 4,1 Millionen angehoben.
Nun erbat Aichinger die aktuellen Zahlen. Laut Kaup-Hasler ging es 2019 sogar ein wenig aufwärts: Die Besucherzahl stieg von 70.429 auf weiterhin magere 73.150, nur die Hälfte (37.748) zahlte Eintritt; 2018 waren es überhaupt nur 27.046 gewesen. Die Kartenerlöse machten 75.050 Euro aus, die Einnahmen pro Besucher gerade mal 1,03 Euro. Die Eigendeckung lag daher bei nur elf Prozent. Und jeder Besuch wurde mit rund 56 Euro subventioniert.
Wow. Da ist ja ungleich komplexeres und personalintensiveres Theater billiger.
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