Trenklers Tratsch: Heiliges Römisches Reich, Halleluja!
Österreich hat also ab 1. Juli den EU-Vorsitz. Und so will man in Brüssel Zeichen setzen. Am Montag werden die Metro-Stationen mit Klassik, Volksmusik und Pop – „In einem christlichen Land hängt ein Kreuz an der Wand“ – beschallt. Das Ensemble Primus Brass spielt sogar live. Im September folgen Konzerte des Klangforums sowie der Jazz-Formationen Mario Rom’s Interzone und HI5; den Ausklang bestreiten Ars Antiqua Austria, das Hagen Quartett und die Wiener Symphoniker. Die Ars Electronica beteiligt sich mit der Visualisierung von 20 Philip-Glass-Etüden. Im Programmheftchen angeführt sind zudem die Ausstellungen „Austria Contemporary“ und „Artspace Austria“; das Belvedere zeigt seine mau kritisierte Schau „Klimt ist nicht das Ende“; man präsentiert auch Skulpturen von Brigitte Kowanz und Lois Weinberger sowie die Art-Brut-Sammlung von Hannah Rieger.
Auf all das ging Kulturminister Gernot Blümel am Montagvormittag bei seiner Pressekonferenz „Kulturprogramm österreichischer EU-Ratsvorsitz“ nicht oder so gut wie nicht ein. Vize-Vorstand Alexander Steinberger durfte über das Konzert seiner Wiener Philharmoniker am 25. September reden, Jacqueline Kornmüller über „Ganymed goes Brussels“ im Musée Royaux des Beaux Arts (ab 11. Oktober).
„Besonders stolz sind die Verantwortlichen“, so die APA keck, auf das „Museum in a Nutshell“, das ab 11. Juli im Justus-Lipsius-Gebäude des Rates aufgestellt ist: „Der Werbeplakatkubus zeigt ein Best-of aus Exponaten der Bundesmuseen.“
Die begehbare Koje, um 50.000 Euro errichtet, macht wohl auf jeder Tourismusmesse gute Figur. Sabine Haag, als Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums für den Auftritt in Brüssel verantwortlich, gesteht denn auch ein, mit dem „imperialen Erbe“ Besucher anlocken zu wollen. Trotzdem stellt sich die Frage, ob die Republik dies mit der Krone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation als riesige Abbildung tun soll.
Blümel meinte, „dass es trefflich ist, die Kaiserkrone als ein mögliches Symbol“ zu verwenden, verkörpere sie doch die vielfältige europäische Geschichte. War das wirklich ernst gemeint? Der Name des Reichs leitet sich vom Anspruch ab, die Tradition des Römischen Reiches fortzusetzen und die Herrschaft als Gottes heiligen Willen im christlichen Sinne zu legitimieren.
Gehören nicht schon seit vielen, vielen Jahrhunderten der Islam und der jüdische Glaube zu Europa? Blümel und Kurz, „die Kreuzritter des Fortschritts“, pflichten wohl lieber Andreas Gabalier bei: „In einem christlichen Land hängt ein Kreuz an der Wand.“ Und es bekrönt auch die Reichskrone.
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