Vielleicht haben sich die beiden zuständigen Kulturpolitikerinnen – Stadträtin Veronica Kaup-Hasler und Staatssekretärin Andrea Mayer – ein paar Gedanken gemacht. Aber vernehmbar geäußert wurden diese nicht. Man hielt sich vielmehr an das bekannte Prozedere: Am 21. Oktober schrieb der Vorstand der Volkstheater-Privatstiftung – sie bestellt unter Einbeziehung einer ominösen Kommission – die Leitung aus. Gesucht werde laut Aussendung „eine teamorientierte Persönlichkeit, die für ein zeitgenössisches, politisches Theater mit einer unverwechselbaren Handschrift steht“. Bewerben könne man sich bis 10. Dezember.
Auf der Website erfährt man ein bisschen mehr. Von der neuen Direktion wird u. a. erwartet, dass sie an „der Gewinnung neuer Publikumsschichten, der Erweiterung und Pflege des Stammpublikums“ sowie „einer zielorientierten Zusammenarbeit mit der kaufmännischen Leitung unter Berücksichtigung der verfügbaren Budgets“ interessiert ist.
Aber wie groß ist denn das Stammpublikum, nachdem Anna Badora und Voges dieses im letzten Jahrzehnt mehr oder weniger vergrault haben? Und was versteht man überhaupt unter „politischem Theater“? Alles sehr vage also.
Ihr Tratschpartner traf sich kürzlich mit einem Theatermacher zum Kaffee. Es ging um diese Fragen. Eine Bewerbung schloss er aus, auch wenn er prinzipiell interessiert wäre. Die Kulturstadträtin hätte ohnedies schon mit Claudia Bauer geredet – so wie einst, als sie eine Nachfolge für Badora suchte, mit Voges.
Claudia Bauer wäre eine gute Wahl. Die Regisseurin bescherte Voges den einzig wirklichen Erfolg in den letzten drei Jahren. Aber Ihr Tratschpartner wollte nicht an ein abgekartetes Spiel glauben. Er richtete ein Mail mit Fragen an das Büro von Kaup-Hasler. Darunter: Was verstehen Sie unter „politischem Theater“? Wie groß ist das Stammpublikum, das es zu erweitern gilt? Wie groß ist das verfügbare Budget? Gibt es angesichts der Inflation Zusicherungen hinsichtlich einer Valorisierung? Welche Zielvorgaben sind zu erfüllen? Wie hoch ist die Sitzplatzauslastung gegenwärtig – und welche Erwartungen gibt es für die Zukunft? Wie ist die Bestellungskommission zusammengesetzt?
Es gab prompt ein „klares Dementi“ bezüglich Claudia Bauer. Die Bestellung erfolge nicht durch die Stadträtin oder die Staatssekretärin, sondern durch die Privatstiftung. Es gäbe „keine Einmischung, keine Favorisierung“. Daher könnten die Fragen auch nicht vom Kulturamt beantwortet werden, sondern nur von der Stiftung. „Diese hat die Ausschreibung formuliert und führt sie auch durch.“ Ihr Tratschpartner schrieb also der Stiftung. Roland Geyer, der Vorsitzende, antwortete: „Ihre Fragen für eine Berichterstattung stellen Sie bitte in gewohnter Weise der Pressestelle des Volkstheaters.“ Aber da kann man sich gleich ans Salzamt wenden. Das Volkstheater gibt nie Zahlen bekannt. Und es ist auch nicht anzunehmen, dass Kay Voges Fragen zur künftigen Ausrichtung des Volkstheaters beantworten wird.
Chance vertan. Der Kulturpolitik ist das Volkstheater völlig egal.
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