Treffsicher ins Kunstjahr 2015
Wenn Kunsthäuser und Museen ihre Jahresprogramme auf den Tisch legen, ist das stets ein erhellender Moment: Man sieht, worüber Kuratoren nachdenken und auf welche Fragen sie von der Kunst Antworten erhoffen. Man sieht aber auch die Spuren von Sachzwängen, persönlichen Vorlieben und Seilschaften: Sie führen manchmal zu Synergien, öfter aber zu jenen Doppelgleisigkeiten, die man in kulturpolitisch ambitionierteren Tagen einst eliminieren wollte.
Die "Schwerpunkte", die das Ausstellungsjahr 2015 in Österreich prägen, erscheinen somit eher als Zufallsprodukte denn als Hervorbringungen eines dominanten Zeitgeists. Ein Überblick.
Pop! Pop! Pop!
Alte und Neue Wilde
Expressive Malerei feiert 2015 ein Revival: Das KHM widmet sich in der Schau "Fantastische Welten" (17. März–14. Juni) ausdrucksstarken Bildern in der deutschen Malerei um 1500; das Leopold Museum zeigt nach zwei Schiele-Präsentationen den deutschen Expressionismus ab 1905 (ab 9. Oktober).
Traum und Landschaft
Blick vor, Blick zurück
Rückblicke gelten 2015 dem 150-Jahr-Jubiläum der Wiener Ringstraße (Wien Museum, Belvedere, Secession, Jüdisches Museum, ÖNB) und dem 650. Jubiläum der Wiener Uni (ÖNB, Jüdisches Museum). Nach vorn blickt dagegen die erste vom MAK initiierte "Vienna Biennale", die in mehreren Ausstellungen Visionen für "positiven Wandel" aufzeigen will (11. Juni–4. Oktober).
2015 ist wieder ein "Biennale-Jahr": Von 9. Mai bis 22. November stehen in Venedig die "Giardini", das Arsenal und zahllose Palazzi ganz im Zeichen zeitgenössischer Kunst. Der Österreich-Pavillon wird von Heimo Zobernig bespielt, im Herbst folgt im Kunsthaus Bregenz eine Solo-Schau des renommierten Künstlers (ab 7. 11.)
Für alle, die Kunst gern bei ihrer Reiseplanung berücksichtigen, kommen auch sonst viele Städtetrips infrage. So setzt man sich 2015 auch international intensiv mit Pop Art auseinander: In der Frankfurter Schirn-Kunsthalle läuft noch bis 8. Februar die Schau "German Pop"; das Pariser Grand Palais zeigt "Amerikanische Ikonen" (8. April bis 22. Juni), und in der Tate Modern London heißt es "The World Goes Pop": Die globalen Echos der Pop-Kunst sind Thema einer Großausstellung (17. September 2015–24. Jänner 2016).
Das MoMA in New York erweitert seinerseits den Pop-Begriff, wenn es 2015 der isländischen Sängerin Björk eine Retrospektive widmet (8. März–7. Juni).
In New York eröffnet am 1. Mai auch der Neubau des Whitney Museums of American Art von Renzo Piano; die Kunstmesse "Frieze New York" steigt von 14. – 17. Mai.
Dauerbrenner
Paul Gauguin wird in der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel (CH) mit einer großen Schau geehrt (8. Februar– 28. Juni) – das Interesse der Kunstelite, die sich rituell zur Messe Art Basel einfindet (18.–21. Juni), ist garantiert.
In den Niederlanden versucht man indes, das nicht ganz runde Jubiläum des 125. Todestags von Gauguins Kompagnon Vincent Van Gogh zum Anlass eines Schwerpunkt-Jahres zu machen: Das Amsterdamer Van-Gogh-Museum und mehrere regionale Museen sind dabei (www.vangogh2015.eu).
Gleich zwei Ausstellungen widmen sich 2015 dem Einfluss Pablo Picassos auf die zeitgenössische Kunst: Von 3. April bis 12. Juli feiern die Hamburger Deichtorhallen ihre Wiedereröffnung nach der Renovierung, im Herbst folgt das Grand Palais in Paris mit seiner Sicht (7. Oktober 2015–29. Februar 2016). Zuvor zeigt das Pariser Haus noch Velázquez (25. März–13. Juli) – mit vielen Leihgaben aus dem Wiener KHM.
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