Landschloss, Nachtclub und retour

Das Château du Bosc in Südwestfrankreich: Hier verbrachte Henri Toulouse-Lautrec seine Jugend
Aus Anlass der Ausstellung in Wien: Eine Reise zu den Wurzeln von Henri de Toulouse-Lautrec.

Meine Großmutter hat ihn noch gesehen, wie er hier auf den Wänden zeichnete“, sagt Nicole Tapié de Celeyran. Die zierliche Dame ist die Großcousine des Malers Henri de Toulouse-Lautrec, der heuer vor 150 Jahren zur Welt kam. Viel Zeit verbrachte der Künstler einst im „Château du Bosc“ nahe seiner Geburtsstadt Albi in Südwestfrankreich. Heute empfängt die 88-jährige Madame Tapié de Celeyran Besucher in dem Schloss – dem einzigen öffentlichen Ort, an dem man einen Blick auf die Wurzeln des berühmten Malers erhält.

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Neben Pferden und Jägern zeichnete Toulouse-Lautrec auch Verwandte - das markante Profil gehört laut Auskunft der Schlossherrin seinem Cousin Gabriel.
Seine Zeichnungen an den Wänden sind heute noch da – in einem Raum, der als Souvenirshop dient, sind die hauchzarten Bleistiftwerke auf weißem Putz zu sehen. Sie zeigen Pferde, Jäger, dazu das markante Profil von Toulouse-Lautrecs Cousin Gabriel, den er auch in Ölbildern verewigen sollte.

Auch sonst ist „alles noch ziemlich unverändert“, sagt die Schlossherrin. Das Esszimmer voll Porzellan, das Wohnzimmer mit den schweren Tapisserien an der Wand, die Ahnenbilder an den Wänden – alles atmet das Flair alten französischen Landadels.

Maler des Nachtlebens

Henri de Toulouse-Lautrec wurde mit Bildern des Pariser Nachtlebens berühmt – im „Moulin Rouge“ hatte er einen fixen Tisch zum Zeichnen, er gestaltete Plakate für das Etablissement. Er lebte auch unter Prostituierten, beobachtete ihren Alltag und schuf dabei Bilder, die in punkto Intimität und Unmittelbarkeit ihresgleichen suchen.

Seiner adeligen Familie blieb der Künstler dennoch zeitlebens verbunden. Das Geschlecht der Toulouse-Lautrecs lässt sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen, besonders im Landstrich Tarn und seiner Hauptstadt Albi stehen viele Anwesen mit dem Haus in Verbindung.

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Auch zahlreiche Fotos sind erhalten. Diese Montage ließ der Künstler 1890 anfertigen.
Tatsächlich waren die Beziehungen so eng, dass Henri de Toulouse-Lautrec einer Ehe zwischen Cousin und Cousine entsprang: Wahrscheinlich war dies ein Grund für die seltene Knochenkrankheit, an der der Künstler litt. Als er sich 1878 nach einem Reitausflug den linken und ein Jahr darauf den rechten Oberschenkel brach, heilten die Verletzungen schlecht; Toulouse-Lautrec wurde nie größer als 1,52 Meter, ein Erwachsener mit den Beinen eines Teenagers.

Der Kunsthistoriker Werner Hofmann hat Lautrec als einen „verlorenen Sohn“ bezeichnet, für den der Knochenbruch auch ein Bruch mit aristokratischen Lebensvorstellungen war. Madame Tapié de Celeyran wird dagegen nicht müde zu betonen, dass die Familie den Lebensstil ihres Künstlersohnes „perfekt akzeptiert“ habe.

Bis in die späten 1890er-Jahre finden sich Fotos von Besuchen des Malers im Château du Bosc; in einem Schaukasten im Schloss findet sich ein Brief, in dem der Vater Alphonse de Toulouse-Lautrec den Tod seines „armen Kindes“ betrauert.

Im Kern waren aber die Großmutter und die Mutter die wichtigsten Ansprechpersonen des Künstlers. Auf dem mütterlichen Landsitz – dem Schloss Malromé nahe Bordeaux – starb der alkoholkranke Exzentriker 1901.

Museum im Geburtsort

Sein Nachlass aber kam an den Ort seiner Geburt und Kindheit zurück: Auf Anraten des Cousins Gabriel vermachte die Mutter im Jahr 1919 Kunstwerke, Arbeitsmaterialien und Fotos der Stadt Albi, schon 1922 wurde das „Musée Toulouse Lautrec“ eröffnet. Im festungsähnlichen alten Bischofspalast untergebracht und nach Renovierungen 2012 neu eröffnet, beherbergt es heute mit mehr als 1000 Objekten die weltweit größte Sammlung zu Toulouse-Lautrec.

Neben Hauptwerken sieht man hier Bilder von Bäumen und von Dienstboten des Château du Bosc. Und von Pferden: die Tiere zeichnete der Künstler noch lange, nachdem er aus Südwestfrankreich weggezogen war, aus dem Gedächtnis.

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Toulouse-Lautrec: Ausstellung in Wien, Spuren in Frankreich

Das Bank Austria Kunstforum zeigt von 16. Oktober 2014 bis 25. Jänner 2015 die erste umfassende Retrospektive von Henri de Toulouse-Lautrec in Österreich. Die Ausstellung aus Anlass des 150. Geburtstags des Künstlers verfolgt dessen Oeuvre quer durch alle Perioden und Medien – von Zeichnungen und Gemälden bis hin zu Druckgrafiken und kommerziellen Auftragsarbeiten. Bei der Eröffnung am Mittwoch, dem 15. Oktober, gibt die große französische Chansonnière Juliette Gréco ein Konzert im Palais Ferstel gegenüber dem Kunstforum (Strauchgasse 4, 1010 Wien, 21 Uhr. Tickets auf www.oeticket.com)

Das Département Tarn, der „Heimatbezirk“ Toulouse-Lautrecs, nutzt das Jubiläum für diverse touristische Angebote. Infos dazu bieten die Websites www.tourisme-tarn.com und at.rendezvousenfrance.com. Ins Tarn reist man ab Wien via Paris oder Lyon nach Toulouse und weiter nach Albi. Die Reise des KURIER fand auf Einladung von Atout France, der französischen Zentrale für Tourismus, sowie von Air France und dem Tourismusverband Tarn statt.

Der Katalog zur Kunstforum-Schau erscheint im Kehrer Verlag (39.90 €). Das Szepmüvesti Museum in Budapest zeigte bis August eine Ausstellung von Lithografien, der Katalog „The World of Toulouse-Lautrec“ kostet 41,16 €. Im MoMA New York läuft noch bis 22. März 2015 die Schau „The Paris of Toulouse-Lautrec“.

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