Tom Hanks in "Inferno": "Wir laufen viel"

Tom Hanks und Felicity Jones in "Inferno"
Hanks: Langdon hat "keine Antworten, und er weiß nicht einmal, was die Fragen sind. "

Tom Hanks selbst gibt die beste Zusammenfassung: "Wir müssen in den Dan-Brown-Filmen versuchen, die Welt zu retten. Und wenn wir das nicht gut machen, dann wird diese zerstört. Also laufen wir. Und wir laufen viel", sagt Hanks am Ende eines langen Drehtags, an dem er, nun ja, viel gelaufen ist.

Und zwar durch Florenz, wo "Inferno" – der kommenden Freitag startende neue Film nach einem Bestseller von Dan Brown – zum Teil spielt. Was die Sache nicht einfacher macht: "Die Pflastersteine von Florenz sind ein Sammelsurium an versteckten tödlichen Gefahren", sagt Hanks. Er zeigt auch im echten Leben – soweit eine Ansammlung internationaler Filmjournalisten halt "echtes Leben" ist – die selbe sympathisch-holprige Art des unterspielten Humors, wie man sie aus den Filmen kennt. "Aber ich bin nicht der Arme hier. Ich habe wirklich schlechte Schuhe, aber zumindest flache. Felicity aber muss in High Heels laufen!" Und das, sagt die angesprochene Felicity Jones, ist "verdammt hart". Sie spielt eine undurchschaubare (wie alles bei Dan Brown) Wissenschaftlerin namens Sienna Brooks. Und ja, auch die muss viel laufen.

So, wie die Journalisten beim Drehbesuch im frühsommerlichen Florenz: Freundliche Fremdenführer zeigen die verborgensten Winkel des Palazzo Vecchio, der im Film eine entscheidende Rolle spielt. Amerikanische Touristen richten dort Mini-Feldstecher auf ein überdimensionales Gemälde, um jenes geheimnisvolle Zeichen darauf zu entdecken, das Dan Brown zum geheimen Code aufgewertet hat.

Von dort aus schlängelt sich ein Geheimgang durch die innere Stadt von Florenz, den man, wenn man ihn einmal gesehen hat, nicht mehr übersehen kann. Überhaupt ortet man, so ansteckend ist das verschwörerische Raunen rund um die Bücher von Dan Brown ("Sakrileg"), plötzlich überall Verborgenes, Geheimes. Überwachung und Machtspiele.

Weiter geht es auf den Dachboden (dem wird, zum Schrecken der begleitenden Kunsthistorikerin, in Film und Buch ein Loch geschlagen, wo zum Glück kein Loch ist) und in ein verborgenes Zimmerchen, wo einst Liebesspiele und politische Mauscheleien stattfanden.

"Es ist erstaunlich, wie wenig sich die Menschen ändern", sinniert Hanks. "Das sieht man auch bei ,Inferno‘: Es geht darin auch um Menschen aus der Renaissance in Florenz. Schon die wollten, dass sich nichts verändert, dass sie stärker sind als ihre Feinde und sich am Abend mit netten Menschen zusammensetzen können."

Überbevölkerung

Ginge es nach dem, Bösewicht in "Inferno", wird es künftig weitaus schwieriger, Menschen zum Zusammensetzen zu finden: In dem Buch, man verrät dem Fan nichts Neues, geht es um Überbevölkerung; bzw. um das, was man, wäre man sehr böse, dagegen tun könnte. Langdon, der umfassend gebildete Action-Professor, ist dabei nicht so recht Herr der Lage. Seine Rolle, betont Hanks, ist nämlich diesmal ganz anders: "Er wacht mitten in der Geschichte auf – und hat keine Ahnung, wie ihm geschieht. Er muss überhaupt erst rausfinden, warum er eigentlich in der Mitte dieses Riesenpuzzles steht." Mit der Zusatzschwierigkeit, dass "sein Kopf nicht ganz richtig funktioniert. Er hat keine Antworten, und er weiß nicht einmal, was die Fragen sind. "

Das zeigte auch die Szene, die noch kurz zuvor hinter dem Palazzo Pitti gedreht worden war. Hanks und Jones liefen, und das nicht nur ein Mal, eine Treppe hinunter, zum bedrohlichen Soundtrack einer Drohne. "Hier rein", ruft Hanks etwas ratlos, bevor er Jones in einen Geheimgang drückt.

Erstaunlich, wie viele minutiöse Variationen davon Regisseur Ron Howard drehen ließ. Im Film "Inferno" ist es wie bei Dan Brown: Nichts ist Zufall. Und alles eine Verschwörung: In Florenz sah man überall Aktivitäten des Drehs, mit Kameras, Crew, Autos mit verdunkelten Scheiben. Alle hatten brav ein Schild appliziert, dass es sich um einen Filmdreh handelt. Nur der Name, der draufstand, war ein anderer.

Im Gespräch mit Dan Brown stellt er selbst die eigentlich schwierigen Fragen. "Wenn Sie die Hälfte der Menschen umbringen müssten, um die Menschheit zu retten, würden Sie es tun?", fragt er.

Schwer zu sagen.

"Ich weiß es auch nicht", sagt der Amerikaner schließlich. Man ist beruhigt.

KURIER: Sind die Veränderungen, die das Buch bei der Verfilmung durchmachen, eigentlich schwierig für den Autor?

Dan Brown:Ja, das ist immer hart. Ich habe 150.000 Wörter geschrieben, 90 Prozent von all dem wird jetzt weggestrichen. Aber ich arbeite mit einigen der besten Filmemachern der Welt, ich habe großes Vertrauen. Egal, was Ron Howard macht, im Endeffekt sage ich immer: Das ist gut so.

Manches geht ja auch im Buch schief: Bei einer Verfolgungsjagd lässt Langdon die Uffizi aus, die eigentlich am Weg liegen müssten.

Ja, im Entwurf war das noch drinnen. Aber dann nahm ich mir die künstlerische Freiheit, es wegzulassen. Es war zu viel, und es hat der Geschichte nicht weitergebracht.

Gibt es also auch mal zu viele Fakten für ein Buch?

Ja, das ist ein zweischneidiges Schwert. Man entdeckt so viel beim Schreiben, das die Handlung in andere Richtungen weiterführen würde. Aber es ist wie ein gewaltiges Puzzle: Man muss sich für die Stücke entscheiden, mit denen man arbeiten will. Für jede Seite, die Sie lesen, habe ich zehn geschrieben. Die können noch so gut oder unterhaltsam sein, wenn sie der Handlung nicht dienen, streiche ich sie. Ich arbeite ein wenig wie ein Verrückter, mit ganz vielen Zetteln.

Wo fängt man denn da am besten an zu schreiben?

Beim Bösewicht. Das ist der Charakter, den Sie zuerst brauchen. Seine – oder ihre – Ziele, die Langdon zwingen, zu handeln. Dann muss man sich entscheiden, wie Langdon dagegen vorgehen würde. Bei "Inferno" war es so: Weil ich schon so lange über Dante schreiben wollte, gab es die "alte Welt" bereits. Ich brauchte also etwas Modernes. Ich hatte mich schon lange mit Überbevölkerung beschäftigt. Da entschloss ich mich, einen Charakter zu erschaffen, der Dante nicht als Geschichte, sondern als Prophezeiung sieht. Das war der Katalysator der Geschichte.

Und das Schreiben selbst?

Ich habe eine Sanduhr. Die drehe ich um, dann schreibe ich 60 Minuten. Und dann mache ich ein paar Liegestütze. Ich finde es schwierig, aufregende Szenen zu schreiben, wenn mein Blutdruck ganz unten ist. Mein Herz muss pumpern.

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