"Todestanz-Lebenstanz" in der Josefstadt

"Todestanz-Lebenstanz" in der Josefstadt
Regisseur Günter Krämer hat Strindbergs "Todestanz" mit dem Stück "Lebenstanz" von Friederike Roth kombiniert. Uraufführung: 27. Oktober

Sie meldet sich am Telefon nicht mit "Frau Strindberg", obwohl sie sagt - da muss sie lachen, denn Friederike Roth lacht gern und viel -, dass sie das nun sozusagen wäre. Und es sie verdutzt, wie gut das funktioniert.

"Das" ist eine Klammer, zu der Regisseur Günter Krämer die in Stuttgart lebende Autorin überredete. Er fand auf ihrem Schreibtisch ein Stück mit dem Titel "Lebenstanz" - und fand, es wäre herrlich mit August Strindbergs "Todestanz" zu kombinieren.

Denn in der Fassung, die Krämer nun im Theater in der Josefstadt zeigen wird, sind die Texte so ineinander verwoben, dass sich kaum sagen lasst, wo Strindberg aufhört und Roth anfängt. Der Inhalt, so weit wiederzugeben: In Strindbergs 1900 entstandenem Ehedrama befetzen sich Alice und Edgar in der Isolation einer Insel. Bis (jetzt Roth) Alice fällt, sich in einem surrealen Geriatrie-Setting wiederfindet und dort Liebe erfährt. Ein Mumienschanz. Traum oder Albtraum.

Publikationsblockade

Das Stück, die Roth sagt's selber, hat Krämer von ihr "losgeeist, weggestemmt", denn: "Ich habe 15 Jahre nicht mehr publiziert; ich hatte aber keine Schreib-, sondern eine Publikationsblockade. Es wird ja immer mehr veröffentlicht, ich weiß gar nicht mehr, was wann erschienen ist, welchen Preis gewonnen hat. Und irgendwann dachte ich mir, mein Gott, es werden so viel überflüssige Bücher und Stücke gemacht. Also, ich muss da nicht auch mitmachen."

Krankheit, ein Unfall, Behandlungsfehler haben die Bachmann-Preisträgerin Roth im vergangenen Jahrzehnt in Schach gehalten. "Lebenstanz", sagt sie, hätte sie nicht schreiben können, ohne das Bizarre, Groteske kennengelernt zu haben, das einem in Spitälern und Rehakliniken widerfährt. Sie nennt es ihren "gütig-bösen Blick", der ihr hilft "sich mit sich selbst und den eigenen Katastrophen abzufinden."

Krämer nun hat sie vertraut, weil er "hinter die Bissigkeit meiner Texte schaut. Weil er versteht, dass wenn Frau Roth erdenschwer daher redet oder bedeutungsschwanger tut, darin ein Schuss Komik verborgen ist." Kürzlich erschien bei Suhrkamp ihre "Abendlandnovelle", noch ein Nischenprodukt, mit dem sie sich das Haus am Meer wieder nicht leisten könne, scherzt die Schriftstellerin.

Ein Allerweltsstück ist auch "Todestanz-Lebenstanz" nicht. Der Zuschauer wird sich einlassen müssen. Worauf? "Offenes offen zu lassen. Keiner kann im Leben alles erklären, es bleiben immer Risse. Das ist ,das Realistische' an meinem Stück, das ja sonst nicht gerade realistisch ist."

Nachgefragt bei Sandra Cervik: "Das zieht ziemlich rein"

"Todestanz-Lebenstanz" in der Josefstadt

Sandra Cervik ist Hauptdarstellerin in der Uraufführung von "Todestanz-Lebenstanz" an der Josefstadt.

KURIER: Sie bewältigen als Alice Textmassen ...
Sandra Cervik: Das geht gut, weil eins ins andere fließt. Ich unterscheide nicht mehr zwischen Strindberg und Roth, für mich ist das ein großes Ganzes. So etwas bekommt man nicht alle Tage zu spielen.

Was beide Autoren über Liebe, Ehe, Krankheit, Sterben erzählen, geht das einem als Darsteller nahe?

Das zieht ziemlich rein, das ist ganz bei uns. Meine Stimmung war schon heller. Mir erzählt dieses Stück viel, mich fasst es eigenartig an. Der Abend ist sehr speziell. Befreit, leicht und locker wird man nicht rausgehen. Ich hoffe, wenn ich ins Publikum schaue, in offene Augen zu sehen und in offene Herzen.

Andererseits spricht Frau Roth von einem "Schuss Komik" in ihren Texten.

Man merkt ihren Humor, etwa wenn Alice sagt: "Mittlerweile fühle ich mich so alt, wie ich bin." Das hat etwas Selbstironisches und Selbstverzweifeltes. Wenn man sich schon besabbert, dann nicht ohne Sarkasmus. Der Blick der Roth ist so liebevoll und, wie ich finde, besonders, weil alles mit ihrer persönlichen Geschichte zu tun hat.

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