Tiger und Bär als Seelenpflaster - Janosch feiert 90. Geburtstag

Janosch hat mit 88 Jahren noch andere Pläne
Autor des Kultbuchs "Oh, wie schön ist Panama" schrieb auch düstere Romane für Erwachsene.

Janosch - ist das nicht der mit der Tigerente? Ja, ist er. Auch das Kultbuch "Oh, wie schön ist Panama" stammt von ihm. Doch es gibt auch eine dunkle Seite, die in Janoschs Romanen für Erwachsene zutage tritt und Einblicke vor allem in die harte Kindheit des Autors und Illustrators gibt, der am Donnerstag (11. März) in seiner spanischen Wahlheimat Teneriffa seinen 90. Geburtstag feiert. Einige seiner Werke sind derzeit im Karikaturmuseum Krems zu sehen.

Viele von Janoschs Geschichten besitzen etwas Tröstliches. Als der kleine Tiger in einer davon klagt, wie schlecht es ihm geht, sagt der Bär: "Halb so schlimm (...) Ich mach dich gesund". Er kocht ihm Bouillon und zum Nachtisch gibt es Himbeeren aus dem Garten. Es ist diese herzenswarme, idyllische und einfache Welt, die seit Jahrzehnten Kinder und Erwachsene begeistert.

Was Janosch in seinen Büchern schreibt, ist lustig, nachdenklich und manchmal auch voller Lebensweisheit. Hier eine Auswahl von Zitaten von ihm selbst und aus seinen Büchern:

"*Wenn man einen Freund hat', sagte der kleine Bär, 'der Pilze finden kann, braucht man sich vor nichts zu fürchten. Nicht wahr Tiger?'"

("Oh wie schön ist Panama")

"Herr Janosch, was wäre eigentlich gewesen, hätten Tiger und Bär Smartphones gehabt? " - "Sie hätten Panama einfach gegoogelt und wären im Übrigen am Tisch sitzen geblieben."

(Kolumne aus dem "Zeit"-Magazin im Juli 2015)

"Was gehört zum perfekten Fernsehabend dazu? Man braucht jemanden, mit dem man sich vor den Fernseher setzen kann. Und wenn man genau den Richtigen hat, braucht man eigentlich gar keinen Fernseher mehr."

(Im Buch "Herr Wondrak rettet die Welt, juchhe!")

"Denn die Sonne scheint, ich ärgere mich über gar nichts, was will ich mehr!"

(Aus der Geschichte "Komm nach Iglau, Krokodil" aus der Anthologie "Vielleicht ist auch alles Unsinn, was ich sage!")

"Wir sprechen nicht sehr viel, haben aber eine unglaublich tiefe, telepathische Verbindung. Ich gebe den Hunger per Gedankenübertragung zu ihr rüber. Wenn sie zum Beispiel einkaufen geht, bitte ich sie telepathisch, Käse mitzubringen. Das klappt immer."

(Janosch über die Beziehung zu seiner späteren Ehefrau Ines in einem Interview mit der Illustrierten "Gala" 2003)

"Mein Lieblingswein ist der rote. Habe ich aber keinen, kommt es zu keiner Trauer, dann trinke ich weißen. Habe ich keinen weißen, trinke ich Wasser. Habe ich auch kein Wasser, vergesse ich den Durst. Das sind so die Kunststücke meiner Seligkeit."

(Im Buch "Von dem Glück, als Herr Janosch überlebt zu haben")

"'O Bär', sagte der Tiger, 'ist das Leben nicht unheimlich schön, sag!' - 'Ja', sagte der kleine Bär, 'ganz unheimlich und schön.' Und da hatten sie verdammt ziemlich recht."

("Post für den Tiger")

"Meine Lieblingsjahreszeit ist die Zeit der Ewigkeit nach dem Leben. Immer Sonne und kein Gott in der Nähe."

"Da ich ein Sünder und Ketzer bin, wird Gottvater mir noch eine lange Lebenszeit schenken, damit ich wieder in den heiligen Schoß der Kirche zurückkomme."

(In der Biografie von Angela Bajorek, "Wer fast nichts braucht, hat alles")

"Dass ich hier ewig so sitzen kann und die Sintflut erst kommt, wenn ich ganz weg bin. Also NACH meiner Himmelfahrt."

(Janosch über seinen Geburtstagswunsch im Interview der Deutschen Presse-Agentur anlässlich seines 85. Geburtstages am 11. März 2016)

"Einen würde ich auf jeden Fall verschenken an den, der einen Wunsch braucht. Ich brauch doch nichts, was soll ich mir wünschen? Ich würde mir wünschen, dass ich weiter nichts mehr brauche."

(Im Filmporträt "Janosch - Ja ist gut, nein ist gut" des Bayerischen Rundfunks auf die Frage, was er für Wünsche hat.)

"Herr Janosch, wie sagt man Tschüss? Man dreht sich um mit einer Träne im Auge und sagt: 'Ich geh dann mal.'"

(In einer Kolumne im "Zeit"-Magazin im November 2019)

1931 wurde der Künstler als Horst Eckert im oberschlesischen Bergarbeiterort Zabrze im heutigen Polen geboren. Eine Kindheit in der Hölle. "Die ersten Jahre meines Lebens waren die totale Zerstörung meiner Person", sagte er mal der "Süddeutschen Zeitung". Sein Vater terrorisierte die Familie mit Alkoholexzessen, auch die Mutter trank, und obendrein wurde er von beiden geschlagen, vor allem wenn er ihren hochambitionierten und bisweilen größenwahnsinnigen Wunschvorstellungen nicht entsprach.

Auch mit der Strenge der katholischen Kirche haderte Janosch schon als Kind - gepeinigt von der Angst, wegen seiner Sünden im Fegefeuer zu schmoren. Und dann gab es noch die "Quälerei in der Hitlerjugend", wie er es nannte, wo er beitreten musste. Körperlich konnte er nicht mit den anderen mithalten. Wie das war, erzählt er im Filmporträt "Janosch - ja ist gut, nein ist gut", zu sehen in der Mediathek des Bayerischen Rundfunks (BR) und am Montag (8. März) um 22.00 Uhr im BR Fernsehen. "Die hatten mich auf dem Kieker", erzählt er darin. "Dann haben sie mich geschliffen, bis zum Umfallen."

Viele dieser düsteren Erinnerungen schildert er in seinen Büchern, etwa in "Cholonek oder der liebe Gott aus Lehm", in dem er schonungslos Erinnerungen an seine Kindheit in dem Bergarbeiterdorf einbettet. Doch er wird auch wehmütig beim Gedanken an seine verlorene Heimat, die die Familie nach dem Zweiten Weltkrieg fluchtartig verließ, bis sie schließlich in der Nähe von Oldenburg landete. In "Polski Blues" schreibt er später, "Polen ist ein Heimwehland".

"Ich wollte ein Kitschbuch machen"

Viele Jahre lebte Janosch auch in einem Häuschen am Ammersee. Dass er mal berühmt werden würde, mehr als 300 Bücher schreiben und in rund 40 Sprachen übersetzt werden würde, das ahnte er damals nicht. Die Kunstakademie in München lehnte ihn ab. Und erste Bücher wie "Die Geschichte vom Pferd Valek" waren kein Erfolg. Aus Wut habe er einen Racheakt geplant. "Ich wollte ein Kitschbuch machen", bekennt er in dem BR-Film. "Es muss ein Kuschelbär dabei sein und der Bär muss eine Reise machen und er muss einen Freund haben. Und schon fangen die Weiber an, zu heulen."

Und tatsächlich: Das Büchlein "Oh, wie schön ist Panama" von 1978 brachte ihm den Durchbruch. Auch andere Werke wurden populär, etwa "Kasper Mütze" oder "Lari Fari Mogelzahn". Doch Tiger, Bär und Tigerente wurde er nicht mehr los. Noch heute zieren sie Schnuller, Tassen, Socken, Freundschaftsbücher und vieles mehr. Ein lukratives Lizenzgeschäft der Janosch Film & Medien AG, an dem der Künstler aber offenbar kein Interesse hat. "Ich habe nichts damit zu tun, ich sehe das auch nicht, ist zu weit weg. Das ist eine andere Baustelle", sagte er mal.

Rebellieren gegen die Obrigkeit

Dass er auch Romane und Theaterstücke für Erwachsene verfasste und die pikanten Geschichten des französischen Adligen Marquis de Sade bebilderte - das wissen viele nicht. Diese Werke wurden verdrängt von seinen Kultfiguren aus der heilen Welt. Bei Tiger, Bär und ihren Freunden geht es lustig zu, frech, launisch, schadenfroh und wild. Sie rebellieren gegen die Obrigkeit, sind liebevoll und warmherzig. Das gute Essen kommt aus Wald, Fluss und Garten, etwa geschmorte Morchelpilze in pikanter Pfeffertunke oder Waldbeerenkompott mit Honig.

Eine Art Seelenpflaster für die Leser - und für Janosch selbst, der darin eine Welt schuf, von der er als Kind nur träumen konnte. Jahrzehntelang hatte er düstere Gedanken mit Alkohol betäubt, während er Bücher schrieb, die voller Lebensweisheiten waren. Etwa "Der Esel und die Eule". Darin trägt der Esel seine Geliebte bei einer langen Reise auf dem Rücken und ist danach völlig abgemagert und kraftlos. "Aber was kann einen schon drücken, sitzt die Geliebte obenauf? - Wohl nichts, oder?", heißt es lakonisch. Er habe mit dem Verstand aus seinem Kopf aussteigen müssen, vertraute er seiner Biografin Angela Bajorek an.

AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG JANOSCH

Inzwischen hat Janosch seinen Frieden gefunden. Seit mehr als 40 Jahren lebt er auf den Kanaren mit seiner Frau Ines, zufrieden mit dem, was er hat. Davon zeugen auch die Kolumnen, die er mehrere Jahre lang für das "Zeit"-Magazin schrieb und die vereint sind in dem Buch "Herr Wondrak, wie kommt man durchs Leben?". Janosch zeige, wie man so einiges zuwege bringen könne, wenn man sich nur die Kraft bewahre, zu träumen, schreibt der Journalist Tillmann Prüfer im Vorwort. "Wer wirklich wagt, zu träumen, der kommt manchmal auch tatsächlich dort an, wo er sich hingewünscht hat."

In einer Kolumne im Mai 2019 verriet Janosch sein Geheimnis für ein ausgeglichenes, zufriedenes Leben: "Nichts haben, nichts wollen, nichts wissen, nichts denken. Am besten setzt man sich dafür unter einen Baum."

Einige von Janoschs Arbeiten sind derzeit im Karikaturmuseum Krems zu sehen: "Herr Wondrak von Janosch - Exkurs #6" läuft bis 30. Jänner 2022.

 

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