"Thursday Murder Club" und Co: Senioren als Krimihelden sind im Trend

Helen Mirren als Elizabeth im Film "Thursday Murder Club" studiert ein Dokument mit einer Lupe
Miss Marples Erben: Mordermittler jenseits des Pensionsantrittsalters sind eine fixe Größe bei den „gemütlichen Krimis“ am Buchmarkt – und sie boomen nun auch auf Netflix.

Am Donnerstag – wann sonst – startet auf Netflix die Verfilmung der Bestseller-Krimireihe vom „Donnerstagsmordclub“. Eine schillernde Besetzung – Helen Mirren, Pierce Brosnan, Celia Imrie und Ben Kingsley – ermittelt da in einer britischen Senioren-Luxusresidenz. Nur wenige Tage zuvor wurde nun bekannt, dass eine weitere Netflixserie, in der ein Pensionist geheimen Untersuchungen nachgeht, eine zweite Staffel bekommt: Ted Danson darf ab November noch einmal „Undercover im Seniorenheim“ sein.

Ist das schon ein Trend? Ja, aber schon lange. Gestartet hat ihn eine gewisse Agatha Christie bereits 1930. Da bekam es jene ältere Dame, an der sich alle späteren Silver-Ager-Schnüffler messen müssen, mit ihrer ersten Leiche zu tun: Miss Marple. Wer den Roman heute liest, ist verblüfft über ihre zurückhaltende Art. Wer ihr wahres, resolutes Ich schätzt, wird erst in nachfolgenden Fällen fündig. Ungefähr zur selben Zeit hat übrigens Patricia Wentworth mit Maud Silver eine pensionierte Hauslehrerin mit kriminalistischem Gespür erdacht, 26 Fälle hat diese gelöst.

Schüchternheit ist auch nicht die Sache der Jessica (JB) Fletcher. Die Hauptfigur der TV-Serie „Mord ist ihr Hobby“ wurde gerne als „moderne“ Marple bezeichnet, allein der Vergleich greift nicht. Denn als Schriftstellerin ist sie eine erfolgreiche berufstätige Frau, halt im besten Alter. Eigentlich orientiert sie sich also eher an Agatha Christie selbst. Ihre Bestsellerkarriere hat übrigens ihr Neffe angestoßen, der ihren nur so dahingeschriebenen Roman „The Corpse Danced at Midnight“ an einen Verlag gesandt hatte – es folgte Weltruhm. Der ihr – in liebevoll ignorierter Unwahrscheinlichkeit – die Türen in allerlei Polizeistuben öffnet, denn JB stolpert nicht nur in ihrem Heimatstädtchen Cabot Cove, sondern auch in New York, Hawaii und sonst wo auf der Welt über Leichen. Aber meistens schon in Cabot Cove. Was dem idyllischen Küstenort eine Mordrate höher als in Mexiko einbrachte.

JB Fletcher kehrt zurück

Unvergessen ihr Versuch, einer Freundin die Ansiedlung in Cabot Cove schmackhaft zu machen – Meerluft, Natur, Ruhe, Frieden – , bis ein heranlaufender Bursche Jessica atemlos vom nächsten Leichenfund erzählt. Jessica wurde in der Serie unvergleichlich von Angela Lansbury dargestellt (aktuell für Nostalgiker zu sehen auf Sat1 Gold oder zu streamen auf Joyn). Es wird schwer für Jamie Lee Curtis, die in Kürze in einem Reboot-Film diese Fußstapfen füllen soll.

Erfolgreiche Buchreihen

Vor allem auf dem Buchmarkt haben sich die pensionierten Detektive zuletzt eine ansehnliche Nische erobert, und zwar im Genre der beliebten Cosy Crime, also dem nicht ganz so nervenzerfetzendem und mitunter auch nicht ganz ernst gemeintem Mord und Totschlag. Eine der erfolgreichsten Reihen ist da die eingangs erwähnte „Donnerstagsmordclub“-Reihe von Richard Osman. Am 25. September erscheint Band fünf rund um die zur Ruhe gesetzte Geheimagentin Elizabeth und ihre Kollegen mit der Tagesfreizeit ("Der Donnerstagsmordclub und der unlösbare Code", List).

In einem beschaulichen britischen Dörfchen wohnt auch die 77-jährige Judith Potts, die eine Vorliebe für Whisky und Nacktschwimmen hat. Aber wie das halt so ist in beschaulichen Dörfchen: Irgendwann wird man doch Zeuge eines Mords am Nachbargrundstück. Und so entdeckt Mrs. Potts ihre kriminalistischen Fähigkeiten. Der vierte Teil der Reihe von Robert Thorogood ist ab 4. September in den Buchhandlungen ("Mrs. Potts' Mordclub und der Tote in der Themse", KiWi).

Die Romane von Nancy Atherton gehen noch einen Schritt weiter: Tante Dimity ist nicht nur alt, sie ist sogar tot. Sie kommuniziert mit Lori, die jetzt in ihrem Haus wohnt, via blaues Büchlein und hilft so bei Ermittlungen. Von dieser Serie gibt es bereits 25 Bücher (BasteiLübbe).

Auch die deutsche Autorin Leonie Swann (die schon Schafe und Graupapageien zu Detektiven gemacht hat) hat sich im Seniorenclub bedient. Von ihrer Ermittlerin Miss Sharp und deren Rentner-WG kann man drei Fälle lesen (Goldmann). Ohne Tier geht es auch hier übrigens nicht: Eine Schildkröte forscht mit.

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