Margery Allinghams Krimis: Wie Agatha Christie, nur literarisch-bunter

Die sogenannte Goldene Ära der Detektivgeschichte fand im Großbritannien der 1920er und 1930er statt. Wie damals die simple Formel „Ermittler löst Kriminalfall“ umgesetzt wurde, hat nachhaltig geformt, was heute immer noch funktioniert.
Die Speerspitze dieser Goldenen Ära in der Zwischenkriegszeit waren Schriftstellerinnen. Agatha Christie und Dorothy L. Sayers sind die Namen, die den meisten wohl geläufig sind. Wenige wissen, dass es vier „Queens of Crime“ gegeben hat. Neben den beiden erwähnten zählten Ngaio Marsh und Margery Allingham zu den solchermaßen geadelten Autorinnen.
Allingham hat einen besonders kuriosen Detektiv (in einem Roman tritt er anfangs als irrer Typ mit einer Maus auf, mit der er sich „kurz vorher angefreundet hat“) ersonnen. Sein Name ist Albert Campion und er ist – typisch Dandy – auf legere Weise von Geheimnissen aus der Vergangenheit umwölkt. Er gibt sich etwa als Bürgerlicher aus, obwohl er adelig ist.
Millionärsgangster
Nach Jahren der Verbannung ins Antiquariat hat nun Klett-Cotta einen von 18 Krimis um diesen Ermittler auf Deutsch aufgelegt: „Tödliches Erbe“. 1931 erschienen, ist er der dritte in der Reihe, wenn man jenen Roman mitzählt, in dem Campion 1929 erst eine vielversprechende Nebenfigur war.
In „Tödliches Erbe“ ist er auf der Jagd nach einem Verbrecherclub aus obszön reichen Menschen, der sich einen Sport daraus macht, Kunstschätze zu stehlen. In Gefahr ist ein wertvoller Kelch, den eine britische Familie wie ihren Augapfel hütet. Der Roman beginnt nicht damit, dass ein Mitglied dieser Familie Campion beauftragt, nein, dieser Percival wird trickreich vom Detektiv entführt. Allein daran sieht man, dass Allingham eine eigene Kategorie in ihrem Genre ist. Ihr Anspruch war hoch: „Ein guter Thriller ist ein Kunstwerk, das so filigran und präzise wie ein Sonett ist“, hat sie einmal geschrieben.
Allingham ist 1966 mit nur 62 Jahren an Krebs gestorben. Wer ihren Albert Campion kennenlernt, den wird es nach mehr gelüsten. Das würde sich auch lohnen, weil der Detektiv im Lauf „seiner“ Bücher eine Entwicklung durchmacht, die einer Miss Marple nicht gegönnt ist. Jetzt müssen nur noch die restlichen Romane aufgelegt werden.
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