Nora, mit der er vor vier Jahren Sohn Gino bekam (je später, desto Väter), förderte monatelang „aus sieben Scheibtruch’n voller Faxe“ Spitzers in vielerlei Hinsicht stark gezeichnete Liebesbriefe an frühere Verhältnisse und auch an sie selbst zutage, wie diesen: „Mein Sternenengel! / Ich bin so trunken von Liebe / seit ich von dir trank / so unbeschreiblich trunken / dass ich auf Wolken wank.“
Dabei bleibt der dadaistische Dichterfürst (von „Ba-Ba-Banküberfall“ bis „Ma-Ma-Märchenprinz“) der Gastronomie seit der segensreichen Erscheinung der Himmelsbotin Nora den jahrzehntelang verlässlichen Umsatz schuldig und trinkt seine zwei Achteln lieber unter gütiger Aufsicht daheim. Er sportelt, bezwingt Berge und wundert sich allenfalls, „dass ich überhaupt so alt werde. Man kann nicht sagen, ich hätte mich nicht bemüht, den 70er zu verfehlen.“
In der Tat: So nach und nachts hatte Spitzer nicht nur die Karriere, sondern auch die schiere Existenz lustvoll pulverisiert. Die junge deutsche Liebe ersetzt nun den gemütsaufhellenden Exportschlager Kolumbiens, der ihm gar Vorhofflimmern „beschert“ hatte: „Ich ruinier’ jetzt meinen Ruf, aber in den 13 Jahren mit Nora waren wir nur ein einziges Mal nicht 24 Stunden zusammen. Das waren zweieinhalb Stunden mit alten Freunden.“
2010 traf er seine gute Fee, hatte einen Wunsch frei – und entschied sich für die Fee. Dabei stand der Beginn durch anonyme Netz-Attacken unter keinem strahlenden Stern: „Na klar, die Schlamp’n hat si an Reich’n g’angelt. Das hat mir wehgetan, mehr als ihr. Diese miesen Figuren hätten mein’ Kontostand sehen sollen. Tja, Künstler sind nur selten gute Kaufleute – das Unternehmen EAV (siehe Infos re.) ging damals pleite.“ Das Buch bekam Spitzer letzte Woche von Nora überreicht – in Geschenkpapier gehüllt. „Wie sich’s gehört, werde ich es erst am Geburtstag auswickeln.“ Sie will, so schreibt Nora im Beipacktext, „damit den anderen Thomas“, also romantische Seiten des zauberhaften Zynikers zeigen, dem die hiesige Idiomatik doch Reime verdankt wie: Bussi, Bussi! / Erst das Handi, dann das Fussi / Küss’ die Hand schöne Frau! / Ihre Augen sind so blau! Tirili, tirilo, tirila.“ Oder: „Dann geh ich zur Trixi / und sag’: Trink ma schnell an Wixi / Doch leider hat der Norbert / die Trixi grad in Orbeit.“ Herrlich unkorrekt!
Jetzt spüren wir dagegen Wundmale: „Was kann peinlicher sein als ein durchs Jammertal der Liebesverblödung kriechender Trauerwurm wie ich.“ Nun: Weh dem, der liebt – das soll schließlich auch auf seinem Grabstein stehen. „ Liebe kann Zustände auslösen, die zu Selbstaufgabe und Verblödung führen.“ Aber er hält sie für seine einzige Religion, das Urvertrauen für das Glaubensbekenntnis und den „Klanen“, Sohn Gino, für die wahre göttliche Gnade: „ Wenn er pubertiert, bin ich 80. Wenn er so a G’frast wird, wie ich amoi war, dann hab’ ich wirklich ka Angst mehr vorm Tod.“
„Bei mir stimmt der Spruch: ‚Das Beste kommt zuletzt‘ – ich weiß, ich hab’ das alles net verdient, hab’ bis heute keine Antwort darauf, wofür ich belohnt werde.“ Was er anders machen würde: „Meine Zeit nur jenen geben, die sie mir nicht stehlen. Ansonsten: Fast jeden Fehler no amol machen – vielleicht nur net ganz so lang.“
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