Fluchen darf nur Tommy

Thomas D kommt mit den Fantastischen Vier am 3. Dezember 2014 zum KURIER-Konzert nach Wien.
Thomas D über seinen Freund, den schonungslos ehrlichen Rapper Blank.

Eigentlich will ich ihn ja als real verkaufen!“ Thomas D seufzt. Es geht um Tommy Blank, den Helden seines Freitag erscheinenden Solo-Albums „Aufstieg und Fall des Tommy Blank“. Und schon die erste Frage im KURIER-Interview – die nach dem Grund für die Notwendigkeit eines fiktiven Alter Egos – bricht seinen Vorsatz, der Legende treu zu bleiben.

Sie handelt vom kompromisslosen Rapper Blank, der immer nur live auftrat, sich konsequent den Plattenfirmen und dem Business entzog und verschwand, als Thomas D begann, eine CD mit seinen Texten aufzunehmen. Aber all das, sagt Thomas D, „glaubt mir eh keiner“.

Wut loslassen

Denn es gibt einen triftigen Grund für die Entstehung des Alter Egos. „Seit sechs, sieben Jahren höre ich sehr viel amerikanischen Rap: Kanye West, Eminem, Jay-Z“, erklärt der 44-Jährige. „Deshalb wollte ich auch einmal so eine Platte machen. Aber inhaltlich in keinem so stumpfen, asozialen Kontext.“

Denn bei den Amis gehe es nur um Kohle. „Die sind frauenfeindlich und rassistisch. Und reflektieren – wenn überhaupt – nur sehr egoistisch. Ich wollte – wie mit jeder meiner CDs – erreichen, dass die Menschen über ihr Verhalten nachdenken. Aber diesmal wollte ich das mit dieser derben Ausdrucksweise. Denn damit kann man sehr gut selbst Wut loslassen, Missstände und Sachen, die einem missfallen, mit ,Fuck You‘ aus dem Leben stoßen.“

Kraftausdrücke

Weil ein Thomas D aber keine Kraftausdrücke in seinem Jargon hat, musste Tommy Blank her. Der darf genauso wüst fluchen wie die Amis.

Der darf „Hurensöhne“ sagen, sogar einen Song so nennen. Aber weil er die Seele von Thomas D hat, sagt er nicht wie die Amis: „Du bist ein Hurensohn“, sondern „Ich bin einer.“ „Ich halte mich nicht für besser als alle anderen“, erklärt Thomas D. „Wir alle tun dem Planeten – und damit uns selbst – nicht gut. Sich da rauszunehmen, wäre arrogant und unwahr.“

Kraftvoll geschrien

Wie auf dem Track „Hurensöhne“ ( mit Alin Coen) arbeitet Thomas D auf dem ganzen Album mit Gästen – weil er „ein Album lang nur rappen“ für langweilig hielt und beim Schreiben von Gesangsmelodien nicht gut ist.

So hat er sich für die Single „Sirenen“ Exclusive aus München geholt. Deren Sänger Fabian hat er im TV entdeckt und gedacht: „So kraftvoll will ich auch angeschrien werden“.

Und Herbert Grönemeyer ist auf „Brüder“ vertreten. Denn „der weiß auch, was Verlust ist“. Geschrieben hat Thomas D den Song, nachdem sein Bruder tödlich verunglückt war. „Er war 47, professioneller Holzfäller und ist dabei abgestürzt. Eines hat mich ein bisschen beruhigt: Dass er sich mit indianischer Philosophie beschäftigt hat. Denn ich glaube an Reinkarnation, dass unsere Seele unsterblich ist und nach dem Tod noch etwas da ist. Und gerade bei Leuten wie Unfallopfern, die so plötzlich aus dem Leben gerissen werden, hat dieses Etwas oft Probleme loszulassen, wenn sie sich davor noch nie mit dem Tod beschäftig haben.“

Buddhismus

Um das philosophische Weltbild von Thomas D, das sich – anders als bei seinem Bruder – am Buddhismus orientiert, geht es in „Show“.

Das, sagt Thomas D, ist einer der wenigen Songs, die auch außerhalb der Legende von Tommy Blank funktionieren. „Sonst erzähle ich in dem Album schon die Geschichte von Tommys Leben mit allen Höhen und Tiefen. Oder besser, er erzählt sie. Das sind ja seine Texte. Ich habe sie nur vertont.“

CD-Kritik: Fantastische Beats, zauberhafte Gäste

Beats und Sounds

Mit „Aufstieg und Fall des Tommy Blank“ hat Thomas D ein Album geschaffen, das sich in der Vielfalt der Beats am Vorbild Kanye West orientiert, aber nie so abgehoben wirkt wie der Amerikaner. Immer stehen Songs und Melodien im Vordergrund, die der Botschaft kraftvollen Ausdruck geben.

Gäste

Cäthe gibt „Aufstieg und Fall“ und „Show“ zauberhafte Momente, Samy Deluxe anderen Tracks geheimnisvolles Flair. Und auch Moses Pelham und Nicholas Müller sind auf einer der besten Solo-Platten des Chefdenkers der Fantastischen Vier vertreten.

KURIER-Wertung:

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