Thielemann dirigiert 2019 erstmals das Neujahrskonzert

Riccardo Muti dirigierte diesmal das Konzert.
Der Deutsche mit viel Philharmoniker-Erfahrung gibt nächstes Jahr sein Debüt am Neujahrspult.

Mit Christian Thielemann steht 2019 wieder ein Debütant am Pult des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker. Freilich ein sehr erfahrener: Mit dem 58-jährigen Deutschen haben die Philharmoniker bereits viel musiziert. Der Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden und künstlerische Leiter der Salzburger Osterfestspiele ist auch dem heimischen Publikum wohlbekannt.

"Das, was im Opernbereich seit Anbeginn perfekt funktioniert hat, nämlich das tiefe musikalische Einverständnis und Vertrauen, hat in der Folge auch im symphonischen Bereich große Früchte getragen", so Orchester-Vorstand Daniel Froschauer in einer Aussendung am Neujahrstag. Gemeinsam spielte man etwa einen umjubelten Beethoven-Zyklus ein, arbeitete mit dem gefeierten Wagner-Dirigenten an der Staatsoper sowie in den philharmonischen Abokonzerten regelmäßig zusammen. Seine Neujahrsreife und Walzertauglichkeit wird der als strenger Handwerker und minutiös arbeitender Spezialist für das große Repertoire geltende Thielemann dennoch erst unter Beweis stellen müssen.

Karriere begann an Deutschen Oper

Die Karriere des am 1. April 1959 geborenen Dirigenten begann an der Deutschen Oper Berlin, wo er später, von 1997 bis 2004, auch als Generalmusikdirektor tätig sein sollte. 1985 wurde er Erster Kapellmeister an der Rheinoper und trat 1988 als jüngster Generalmusikdirektor Deutschlands in Nürnberg an, wo ihm mit Wagners "Tristan" der endgültige Durchbruch gelang. Erfolg macht aber keineswegs handzahm, als künstlerische wie politische Person sorgte Thielemann immer wieder für Aufsehen: Der Rausschmiss am Nürnberger Theater 1992 (und der Sieg des Dirigenten im folgenden Rechtsstreit) ist dafür ebenso ein Beispiel wie die Aufregung um Thielemanns Verteidigung der Musik von Hans Pfitzner trotz dessen Verstrickung mit dem NS-Regime.

2004 kündigte Thielemann sein Engagement an der Deutschen Oper Berlin. Da seine Forderungen nach Erhöhung des Orchesteretats abgelehnt wurden, verließ der gebürtige Berliner das Haus nach sieben Jahren als musikalischer Leiter und wurde bereits im selben Jahr Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker. Auch hier zeigte der Star Ecken und Kanten, legte sich 2009 mit der Stadt hinsichtlich der Kompetenzen seiner Position an und lehnte schlussendlich eine Vertragsverlängerung ab. Seit 2012 ist er Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden mit einem Vertrag bis 2024, seit 2013 verantwortet er gemeinsam mit diesem Orchester die Salzburger Osterfestspiele.

Dem österreichischen Publikum ist Thielemann über die Jahre ein gern gesehener Gast geworden, seine Auftritte im Musikverein waren ebenso von Begeisterung gekrönt wie seine mehrfache Verpflichtung für Wagner-Opern aber auch Verdi oder Mozart an der Staatsoper. Bei den heurigen Osterfestspielen wird Thielemann Giacomo Puccinis "Tosca" nach Salzburg bringen.

Fünftes Neujahrskonzert für Stardirigent Riccardo Muti

Eigentlich beginnt die Geschichte des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker 1939 - an einem Silvestertag - mit einem "Außerordentlichen Konzert" unter Clemens Krauss im Großen Musikvereinssaal. Das erste Konzert an einem Neujahrstag folgte dann am 1. Jänner 1941, erneut unter Krauss' Leitung, der bis 1945 zu Neujahr wienerisch aufspielte.

1946 und 1947 leitete schließlich Josef Krips die Neujahrskonzerte, wobei 1946 die Veranstaltung - bis dahin unter "Johann-Strauß-Konzert" oder "Philharmonische Akademie" firmierend - erstmals offiziell Neujahrskonzert hieß. Clemens Krauss übernahm dann nach der Aufhebung des Verbots öffentlicher Auftritte ab 1948 bis zu seinem Tod 1954 wieder die Neujahrskonzerte.

Nach der Ära Krauss und einigen Kalamitäten in der Nachfolgeregelung wählte man schließlich die Variante, Willi Boskovsky, den ersten Konzertmeister, als Stehgeiger einzusetzen und auf einen Dirigent zu verzichten. So begann 1955 eine 25-jährige Erfolgsgeschichte. Als Boskovsky nach 1979 krankheitshalber auf die Leitung verzichten musste, griff man wieder zur Variante mit einem Dirigenten. Lorin Maazel übernahm als designierter Direktor der Staatsoper die Leitung des Neujahrskonzerts 1980, die er durchgehend bis 1986 innehatte und dann wieder 1994, 1996, 1999 und 2005.

Nach der Auftakt-Ära Maazel wechselten die Maestros zwar häufiger, Zubin Mehta (1990, 1995, 1998, 2007 und 2015) sowie der Dirigent des heurigen Events, Riccardo Muti (1993, 1997, 2000, 2004 und 2018) können jedoch ebenfalls schon eine stolze Zahl an Neujahrsauftritten vorweisen. Mit Christian Thielemann ist allerdings für 2019 wieder ein Neuling am Neujahrskonzertpult designiert.

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