Architekt der klassischen Eleganz

Ausstellung
Wien feiert Theophil Hansen, dessen Geburtstag sich am 13. Juli zum 200. Mal jährt

Theophil Hansen hat wie kein anderer die Wiener Ringstraße geprägt. Wäre es nach dem Architekten gegangen, dann wäre das Parlament heute nicht steinweiß belassen, sondern blau-rot-gold gefärbt. Wie die Bauten der griechischen Antike. Auch die acht Quadrigen am Dach wurden nicht vergoldet. Einer Anekdote zufolge erklärte Kaiser Franz Joseph, der Ring sei ja schon so prachtvoll genug: „Woll’n wir ihn doch net auch noch vergolden.“

„Ich glaube, dass kein anderes Parlamentsgebäude so formvollendet oder reich und prunkvoll ausgestattet ist wie dieses. Seine Bauart gleicht der eines Opernhauses“, befand Mark Twain bei seinem Wien-Besuch 1898.

Aber im Volksmund hieß es: „Im Parlament hört man nichts, im Rathaus sieht man nichts, und im Burgtheater hört und sieht man nichts.“

Historismus

Hansen, 1813 in Kopenhagen geboren und 1891 in Wien gestorben, hatte zunächst in Athen mehrere Jahre antike und byzantinische Baudenkmäler erforscht, ehe er die antik-klassizistische Bauweise ab 1846 nach Wien brachte.

Architekt der klassischen Eleganz
Hansens enge Kontakte zu den Griechen verschafften ihm auch in Wien bedeutende Aufträge wie das nicht mehr existierende Palais Sina am Neuen Markt und die griechisch-orthodoxe Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit am Fleischmarkt.

Außerdem plante er neben Musikverein, alter Börse, Arsenal, Akademie, Palais für die Bankiers und Industriellenfamilien Epstein, Todesco oder Ephrussi den „Heinrichhof“ für den Ziegelindustriellen Heinrich von Drasche-Wartinberg.

Der galt als das „schönste Zinshaus der Welt“ (1954 nach Kriegsschäden abgerissen) und stellte als „Ringstraßen-Dinosaurier“, in dem Anton Bruckner wohnte und Otto Wagner aufgewachsen ist, fast das Opernhaus von Hansens Erzrivalen Siccardsburg und van der Nüll gegenüber in den Schatten.

Innovativ

Die Ausstellung „Ein Stararchitekt und seine Wohnbauten an der Ringstraße“ (bis 17. 8.) im Wagner:Werk Museum Postsparkasse zeigt, wie Hansen mit Rudolfs- und Heinrichhof den Typus des historistischen Wiener „Zinspalais“ definierte.

„Er hat das gründerzeitliche Gesicht von Wien mehr geprägt als irgendein anderer Architekt“, sagt der Wohnbauforscher Wolfgang Förster. Und hatte dabei oft das Gesamtkunstwerks als Ziel vor Augen. Architektur, Malerei, Bildhauerei und Kunsthandwerk sollten bis ins kleinste Detail eine ästhetische Einheit bilden.

Architekt der klassischen Eleganz
Hansen lieferte Entwürfe für Tischgerät, Bestecke, Glasservice, Geschirr, Tischtücher, aber auch Schmuckstücke, Pokale und Prunkeinbände – und war dadurch mit den bedeutendsten Firmen der Wiener Ringstraßenzeit – der Glasfirma J. J. Lobmeyr, dem Juwelier A. E. Köchert u. a. – in Kontakt.

„Hansen war ein Gesamtkunstwerker“, so Förster, „und hat das weitergegeben an Otto Wagner, der für Hansen beim Palais Epstein noch als Bauleiter fungierte.“

Modul-System

Für Boris Podrecca ist Hansen überhaupt „der beste Architekt der Ringstraße“. Nach Plänen von Podrecca und Dieter Hayde wurde das Palais Hansen am Schottenring für die Kempinski-Gruppe zum Luxushotel umgebaut.

Der Neo-Renaissance-Palast, von 1869 bis 1873 für die Weltausstellung als Hotel errichtet, aber aufgrund der Wirtschaftskrise als Zinshaus genützt, war ab den 1940er-Jahren Amtsgebäude und zuletzt Gesundheitsamt. Genial und „eine Entdeckung“ ist für Podrecca die modulare Struktur des Hauses: „Eine Collage aus acht Modulen. Und jedes hat eine eigene Stiege und einen eigenen Hof. Das hat den Vorteil, dass der mächtige Bau für verschiedene Funktionen adaptiert werden konnte.“

Die Schau „Klassische Eleganz im Alltag“ (bis 14. 6.) im Ringturm zeigt die innovative Kraft der Hansen-Architektur, ohne die „Otto Wagner oder Adolf Loos nicht denkbar“ wären, so Kurator Adolph Stiller. Gigantisch war auch der Bauaufwand jener Zeit: In nur 50 Jahren wurden in der Ringstraßenzone 800 neue Gebäude errichtet. Stiller: „Die bedeutendsten hat Hansen gebaut.“

www.theophilhansen2013.at

www.ottowagner.at

Fakten

Theophil Hansen Ausstellung In der Postsparkasse: „Ein Stararchitekt und seine Wohnbauten an der Ringstraße“ (bis 17. 8.; 1., Georg-Coch-Platz 2)

Personale Im Ringturm: „Klassische Eleganz im Alltag“ (bis 14. 6.)

Interieur Im MAK: „Theophil Hansen. Kunsthandwerk“, Entwürfe für

Inneneinrichtungen, u. a. für Lobmeyr (ab 28. 5.)

Schmankerl Im neu eröffneten Palais Hansen Kempinski Vienna (Schottenring 24): Danish Food Festival (13.–20. 7.)

Design Im Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien: „Hansen. Architekt und Designer“ (ab 20. 9.); plus eine kleine Schau in der Gemäldegalerie: „Theophil Hansens Gemäldegalerie. Ideen und Gestaltung“

(1. 6.–1. 9.).

Vorträge Im Architekturzentrum Wien (19.10.) und eine geführte Bustour (16. 6.) www.azw.at

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