Adler in den Fängen des Gorillas

Eagles 1977
Eagles-Gründer Glenn Frey im Interview über die schonungslose Doku zur Karriere der US-Rockband.

Die Eagles waren wie ein Fünf-Tonnen-Gorilla, der uns durch das Leben geschleppt hat.“ Glenn Frey, Gründungsmitglied der Eagles, hat nicht nur gute Erinnerungen an die 70er-Jahre, als seine Band mit Hits wie „Hotel California“ und „Desperado“ zu einer der beliebtesten Gruppen Amerikas aufstieg. „Wir hatten jeden Tag mit so vielen Hindernissen zu tun: Management-Wechsel, Bandmitglieder auswechseln, Probleme mit Plattenfirmen, dem Tour-Agenten. Im Nachhinein gesehen überrascht es mich, dass wir überhaupt Zeit fanden, Songs zu schreiben“, erklärt er im KURIER-Interview in London.

Oscar

Diese wechselvolle Karriere mit all ihren Ups und Downs steht im Zentrum der vierstündigen Dokumentation „History Of The Eagles“, die soeben auf DVD erschienen ist. Als Produzent engagierten die Eagles Alex Gibney, der 2008 für seinen Dokumentarfilm „Taxi zur Hölle“ (über die Folterpraktiken von US-Soldaten) einen Oscar gewann. „Wir wussten, dass Alex in allem, was er macht, die Wahrheit findet“, sagt Frey. „Genau das wollten wir für unseren Film. Deshalb haben wir generell, und speziell in den Interviews, die wir dafür gegeben haben, nichts zurückgehalten.“

Tatsächlich berichten Frey, Don Henley, Joe Walsh und Timothy Schmit schonungslos ehrlich über die wechselvolle Karriere, binden auch kritische Stimmen ein und scheuen sich nicht, die zum Schluss extremen Spannungen in der Band dokumentieren. Sogar ein Ausschnitt von einem Konzert ist dabei, bei dem sie einander auf offener Bühne mit dem Tod bedrohen.

Streiche

Dass die Band aber auch jede Menge Spaß hatte, bevor sie sich 1980 für 14 Jahre trennte, wird in „History Of The Eagles“ genauso deutlich. Man erfährt von den „dritten Zugabe“, den wilden After-Show-Partys, von Badewannen voll mit Bier, verwüsteten Hotelzimmern und Lausbubenstreichen. „Das war unsere Reaktion, als wir so berühmt, die Business-Seite so ernst und die Hindernisse so groß wurden“, sagt Frey. „Damit wollten wir es nicht so ernst machen.“

Die treibende Kraft dabei war Joe Walsh. Sein trockenes Resümee: „Wir kamen an einen Punkt, wo wir alles tun konnten, was wir wollten. Und das taten wir.“ So schickte er dem schlafenden Manager einmal um drei Uhr früh jedes Dessert, das der Etagen-Service anbot, aufs Zimmer.

„Mich hat Joe einmal einem Typen vorgestellt, der wie ein berühmter Schauspieler aussah“, erinnert sich Frey. „Ich sprach eine halbe Stunde mit ihm, als wäre er der Schauspieler, bevor ich draufkam, dass mich die beiden reingelegt hatten.“

Tour

Adler in den Fängen des Gorillas
Eagles CD cover
Auch dass die Eagles Drogen konsumiert haben, wird in der Doku nicht verschleiert. „Wir zeigen vieles, worauf wir nicht stolz sind“, sagt Frey. „Aber so waren wir halt, es ist Teil unserer Geschichte. Man kann es nur akzeptieren, sich entschuldigen, wo man Unrecht getan hat, und dankbar sein, dass wir trotzdem noch alle gesund und am Leben sind. Und dann muss man damit abschließen und im Heute weitermachen.“

Das tun die Eagles schon im Mai. Da beginnen sie mit Proben für eine Tournee, die 2013 durch die Staaten und 2014 nach Europa führt.

Bewertung: Eine hervorragende Dokumentation, die keine Tabus kennt – entstanden unter der Aufsicht des mit einem Oscar preisgekrönten Produzenten Alex Gibney.

KURIER-Wertung: ***** von *****

Hier geht's zum Trailer der "Geschichte der Eagles"

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