"Texte"-Finale: Über eine Geburt in der Bim und eine fade Lateinstunde

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Finale des Jugendliteraturwettbewerbs „Texte. Preis für junge Literatur“ im Wiener Schauspielhaus: Die Qualität der Beiträge war außerordentlich.

„Es war eine Bimgeburt. Im 62er, Ecke Dörfelstraße, Meidling.“ Schon der Einstieg in diese Geschichte ist fulminant, in weiterer Folge wird es witzig und ordentlich boshaft. Mit dem äußerst schlau beobachteten Text „Elfzwanzig“ hat der 19-jährige Philip Pecoraro den diesjährigen Jugendliteraturwettbewerb „Texte. Preis für junge Literatur“ für sich entschieden.  
Der junge Mann aus, erraten, 1120 Wien, war nicht das erste Mal dabei: Mit „Hurghada“, einem Text, in dem er sich  in die Gefühls- und Gedankenwelt einer 80-jährigen Frau hineinversetzte, gewann Pecoraro 2023 den dritten Platz bei dem Schreibbewerb.

Der Preis für junge Literatur wurde von den Literarischen Bühnen Wien auch dieses Jahr wieder in Kooperation mit dem Schauspielhaus verliehen. Im Finale am Donnerstag lasen die Schauspielerinnen und Schauspieler Zeynep Buyrac, Kaspar Locher, Maximilian Thienen und Markus Meyer, der auch Präsident des Vereins der Literarischen Bühnen ist, aus den Texten der 23 Finalistinnen und Finalisten im Alter von 14 bis 19 Jahren.

Ihre Texte zum Thema „Tempo“ wurden aus einer Vielzahl von Einreichungen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum von einer Jury und in einem Onlinevoting ausgewählt. Zu gewinnen gab es eine Städtereise nach Zürich sowie Jahresabos im Schauspielhaus.

Den zweiten Platz belegte die 17-jährige Salzburgerin Theresa Schmerold mit dem Text „Sonne über dein Haupt“, der dritte Preis ging an Bruna Karolyi, 16, aus Neusiedl am See. 

Der Preis, ins Leben gerufen von dem Schweizer Journalisten und Schriftsteller Christoph Braendle, setzt sich seit vielen Jahren mit junger Literatur auseinander, initiiert diese und ermutigt  junge Menschen, die üblichen Pfade schulischer Textsorten zu verlassen und selbst kreativ zu werden. „Eine professionelle Plattform für kreatives Schreiben ist in einer Zeit, da sich Höhere Schulen auf das Üben von Textsorten, von Nutztexten also, zu konzentrieren haben, von zwingender Notwendigkeit,“ sagt Braendle.

Was dabei herauskommt, erstaunt von Jahr zu Jahr mehr. Die Textqualität sämtlicher Finalisten-Beiträge war dieses Jahr besonders herausragend – und wäre eine  empfehlenswerte Kur für Menschen, die der Meinung sind, die Jugend würde sich hauptsächlich für irgendwas zwischen Taylor Swift und TikTok interessieren.  

Ein Text, der leider keinen Preis gewonnen, vielen aber besonders gut gefallen hat, ist „Tempo“ des 17-jährigen Linzers Oscar Schachermeyer: Er erzählt von einer Zeitreise mittels Vor- und Nachstellen der Armbanduhr. Dass er sich dringend wünscht, der Lateinunterricht wäre schon vorbei, und sich mittels Rädchen an der Uhr in die Zukunft katapultiert, konnten im Publikum offensichtlich viele nachvollziehen.  

Das Text-Buch mit allen 23 Finaltexten ist auf der Seite texte.wien zu finden. 

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