Ein Tauchgang in das Universum von Hubert Scheibl

Ein abstrakte Darstellung eines Eisbergs im Wasser.
Dem Maler ist eine kompakte, facettenreiche Werkschau gewidmet

Am Ende eines schwungvollen Streifens, den Hubert Scheibl über ein Bild mit dem kryptischen Titel „My Private B.“ gezogen hat, ist die Farbpaste zentimeterhoch stehen geblieben.

Die Qualität von Malerei, auch nach Jahren noch so auszusehen, als wäre der Schöpfungsakt gerade erst zu Ende gegangen, tritt in vielen Bildern des 1952 geborenen Oberösterreichers besonders hervor. Die Fähigkeit, spontane Energie zu konservieren, macht gewiss einen Teil des Erfolgs aus, den Scheibl seit den 1980ern in Österreich und darüber hinaus genießt.

 

Nahaufnahme eines abstrakten Gemäldes mit dicken Pinselstrichen in Weiß, Rosa, Blau und Schwarz auf blauem Grund.

Tatsächlich aber sei die Entstehung seiner Kunst relativ zeitaufwendig, sagt Scheibl, der nach einer Belvedere-Schau 2016 nun in der Pfeilerhalle der Albertina zu musealen Ehren gelangt (bis 5. 12.).

Anstrengend und leicht

Dabei ist nicht nur der handwerkliche Aufwand gemeint, mit dem die Farben übereinandergeschichtet werden, bevor der Künstler den meist großformatigen Leinwänden mit einem Abziehwerkzeug, gezielten Kratzern oder einer silbrig spiegelnden Lasur gewissermaßen Leben einhaucht: Nein, es fließt auch gehörige intellektuelle Anstrengung in die Genese von Scheibls Werken.

Die Albertina-Schau legt nun Pfade zu den Hintergrundüberlegungen aus, ohne allerdings ihre Besucher didaktisch zu überfrachten. Denn es ist auch völlig in Ordnung, im Scheibl-Kosmos nur zu schwelgen. Besonders gut gelingt das in einer „Kapelle“ mit sieben quadratischen Bildern aus den 1990er Jahren: Ein meditativer Raum, der eine Ahnung der „Rothko Chapel“ nach Wien bringt.

Ein Museumsraum mit abstrakten Gemälden an den Wänden.

Bei alldem hilft es aber auch zu wissen, dass den Maler viele Überlegungen über die Verbindung von Mensch und Natur umtreiben. Ausgehend vom Gedanken, dass wir Menschen im Hier und Jetzt das ganze Erbe der Evolution mit uns herumtragen, sieht der Künstler keinen Bruch zwischen Mikro- und Makro-Perspektive, zwischen Mensch, Tier und Einzeller. Seine Bildwelt, die vordergründig abstrakt ist, könnte da genausogut realistisch sein, nur vielleicht eben aus Amöben-Perspektive. Scheibls Faszination für Mikroskopie und aus dem Schulunterricht bekannte Präparate, die er auch selbst sammelt, zeigt sich dabei in Skulpturen, die in der Schau prominent Platz einnehmen.

Ein Krokodilschädel ruht in einem Nest aus Wurzeln und Ästen auf einem Ständer.

Dass Scheibls Kunstkosmos auch an einen aktuellen Theoriediskurs über neue Verbindungen zwischen Mensch und Umwelt andocken könnte, sei nur nebenbei bemerkt: Seine Verbindungen bleiben ästhetisch, mit Bestimmtheit im Material der Malerei und Skulptur ausgeführt – und sehr klar von bloßer Ausdruckskunst zu unterscheiden.

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