Tanz-Parodie und Geschwisterliebe

die ärzte - aerzte - an Tagen die Wiesen - florian wieser
Die Ärzte zeigten sich bei ihrer Show in Wiesen drei Stunden lang in Hochform.

Möglicherweise blieb das, was Sänger Farin Urlaub mit fettem Grinsen gern als „Zeigefreudigkeit“ bezeichnet, die bei den Österreicherinnen besonders ausgeprägt ist, Mittwochabend beim ausverkauften KURIER-Konzert der Ärzte im Festival-Zelt von Wiesen zunächst etwas hinter den Erwartungen. Zwar flog schon beim dritten Song ein erster BH auf die Bühne. Der baumelte aber sehr lange sehr einsam am Mikrofonständer von Bassist Rod Gonzales rum. Und die kalte Luft schien die Lust der weiblichen Ärzte-Fans, ihren Idolen die blanke Oberweite zu zeigen, auch nicht zu fördern. Das war aber das Einzige, was an diesem Abend schaumgebremst lief. Die Ärzte präsentierten sich in Hochform – beim Musizieren genauso wie beim Schwadronieren und Improvisieren.

Absurditäten

Auch mit über 50 Lebens- und über 30 Dienstjahren schleudert das Trio die forsch dahin hackenden Songs mit ungebrochener Spielfreude in die Menge. Und sie bauen neben Live-Favoriten wie „Schrei nach Liebe“ auch Überraschungen in die Setlist – eine Coverversion von „La Bamba“ etwa, und Songs wie „Geschwisterliebe“ oder „Anneliese Schmidt“, die man lang nicht live gehört hat.

Irgendwie scheint diese geballte Ladung an Absurditäten, die vom „Gott im Regal“ bis zu herzlich uncharmanten Ehrlichkeiten in den „Liebesliedern“ reichen, drei Generationen zu einen. Vom Opa bis zum Teenager hüpfen, tanzen, singen sie in Wiesen, schwenken die Arme, und machen für Bela eine spezielle Laola mit Herzchen-Zeichen. Denn wie üblich arten die „Moderationen“ in freundschaftliche Pöbeleien zwischen Bela und Farin aus, in infantile Diskurse und spontane Einlagen.

Einmal schiebt Farin eine Tanz-Performance dazwischen, parodiert Ballett-Gehüpfe und Voguing, zeigt damit, was Ärzte-Konzerte – neben der energetischen Musik – so anziehend macht. Es ist die Leidenschaft, mit der die Drei ihre Shows wie Geburtstagspartys für Pubertierende gestalten, im Sound renitent nach vorne drängeln und in der Haltung mit unberschwerter Selbstironie frei von allen Regeln dem Nonsense frönen. Ärzte-Konzerte müssen und wollen nichts erreichen, als für alle eine Gaudi zu sein. Und das ist in einem Alltag, der für die meisten von uns von Pflichten, Terminen und Zielen geprägt ist, eine wohltuende Befreiung.

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